Joanna Bator: Bitternis »Nacht der Bibliotheken«

Kalina Serce, jüngster Spross einer Frauendynastie, Erforscherin einer düsteren Familiengeschichte, betritt eine Villa, die lange Zeit unbewohnt war. Sie tastet nach dem Ebonit-Schalter aus der Vorkriegszeit, um Licht zu machen – eine Ankunft im Unvertrauten.
Mit diesem Haus, der früheren Pension Glück im schlesischen Langwaltersdorf/Unisław Śląski, hat es seine eigene Bewandtnis. Hier traf sich einst Kalinas Urgroßmutter Berta mit ihrem Geliebten. Berta träumte von einer Flucht mit ihm nach Prag, die der Vater verhinderte. Der Hass auf ihn wurde so groß, dass sie zu einer ungeheuren Tat schritt.
Der Roman der Eichendorff-Preisträgerin Joanna Bator (geb. 1968) erzählt von weiblichen Lebensentwürfen. Und wie sie scheitern. Im drängenden, sarkastischen, an Elfriede Jelinek erinnernden Ton entfaltet sich das Drama der zornigen Frauen, die ihr Geheimnis durch Generationen weitergegeben haben. Krieg, Gewalt und privates Unglück haben die Angst und Bitternis hervorgebracht, aus deren Bannkreis erst die Jüngste, Kalina, heraustritt, indem sie davon erzählt. Mit Macht fordert sie das Glück ein, das den Frauen ihrer Familie versagt war.
Die Lesung findet auf Deutsch und Polnisch statt, das Gespräch mit der Autorin, das von Lilia Antipow moderiert wird, in Deutsch mit polnischer Übersetzung.