Freitag, 25.04.2025
Nationaltheater, Max-Joseph-Platz 2, 80539
München
Ausstellungen
Alicja Kwade – Rang (Carrier)
Was ist Realität? Was ist Zeit? Und wie nehmen wir sie wahr? Aus was – glauben wir – ist unsere Welt beschaffen? Sind wir sicher, dass wir sie wirklich kennen? Alicja Kwade ist bekannt dafür, mit ihren Kunstwerken die blinden Flecken unserer Wahrnehmung sichtbar zu machen – die Unsicherheiten, auf denen unsere Gewissheiten beruhen, die Unmöglichkeit, einen Menschen vollständig zu begreifen und unsere Unfähigkeit, ein Objekt vollumfassend zu beschreiben. Sie lädt uns ein auf eine Reise jenseits der Grenzen unseres Wissens – in eine Welt, in der sich Gewissheiten auflösen und Raum für neue Möglichkeiten und Perspektiven entsteht. Dabei dienen ihr insbesondere die Naturwissenschaft und die Philosophie als Wegweiser und Inspirationsquelle; immer mit einem Augenzwinkern, einer Prise Ironie und Humor.
Gleich zwei Arbeiten von ihr werden an der Bayerischen Staatsoper zu erleben sein. Ausgangspunkt bildet die Neuproduktion Matsukaze, die Anfang Mai im Rahmen des Ja, Mai – Festivals in UTOPIA zu erleben sein wird. Für die auf dem gleichnamigen Noh-Spiel basierende Geistergeschichte um die Schwestern Matsukaze und Murasame, die vom japanischen Komponisten Toshio Hosokawa zu einer »choreographischen Oper« adaptiert wurde, erarbeitete sie die Bühne. Dabei greift sie nicht nur die in der Oper eröffneten Fragen nach Traum, Realität, Geisterwelt sowie der Verflechtung von Mensch und Natur auf, sondern bringt die Illusion selbst in den Raum der Aufführung.
Die Premiere antizipierend ist im Königssaal des Nationaltheaters ihre Ausstellung »Rang (Carrier)« zu sehen, die aus ihrer Werkgruppe Carrier und Double Carrier besteht. Hier richtet sie ihren ironisch hinterfragenden Blick auf den Platz des Menschen im Raum, in der Gesellschaft und auf seinem eigenen Planeten. Dabei wird der Stuhl zum Symbol für das menschliche Bedürfnis nach einer festen Position. Im Zentrum der Werke stehen somit Bronzestühle, deren Sitzflächen durch rohe Felsblöcke blockiert oder deren Standfestigkeit und Bodenhaftung durch den Felsen ins Wanken gebracht wurden. Die grobe, natürliche Struktur der Steine bildet dabei einen kraftvollen Kontrast zur klaren, von Menschenhand geschaffenen Form der Stühle. Diese Verbindung von Naturmaterial und gestaltetem Objekt wirft Fragen nach Gleichgewicht, Belastbarkeit und Stabilität auf – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Kwade verschränkt in den Werken zwei elementare Materialien: Bronze – als Symbol für kulturelle Langlebigkeit – und Gestein, das über Jahrmillionen durch geologische Prozesse geformt wurde. Die Kombination verweist auf verschiedene Zeitdimensionen und eröffnet einen Dialog zwischen Zivilisation und Natur, zwischen Vergänglichkeit und Dauer. Mit ihrer ästhetischen Kraft und gedanklichen Tiefe lädt die Serie zum Nachdenken ein – über Gewicht und Balance, über das Verhältnis von Mensch und Umwelt und über die fließenden Grenzen zwischen Kunstwerk und Gebrauchsgegenstand.
Die Ausstellung zieht nicht nur einen Bogen von UTOPIA zum Nationaltheater, sondern erstreckt sich gedanklichen auch bis nach Riem zum Innovationspartner der Bayerischen Staatsoper und Hauptsponsor des Ja, Mai – Festivals BRAINLAB, die diese Ausstellung möglich gemacht haben. Bereits im Februar eröffnete auf dem Gelände der Firmenzentrale von BRAINLAB der Erinnerungsort München-Riem 1970, der an den israelisch-deutschen Passagier Arie Katzenstein erinnert, der getötet wurde, als er sich schützend auf eine detonierende Handgranate der Terroristen warf. Für diesen Erinnerungsort schuf Alicja Kwade eine 8,3 Meter hohe Metallskulptur.
Alicja Kwade (*1979 in Kattowitz, Polen) lebt und arbeitet in Berlin.
Die Ausstellung zum Ja, Mai 2025 Festival kann im Rahmen eines Vorstellungsbesuchs vor der Vorstellung sowie in den Pausen besucht werden (Königssaal bis 12.5.)
Termine & Tickets
Veranstaltungsort / Karte
Nationaltheater
Adresse: Max-Joseph-Platz 2,
80539 München