Theater im Januar: Von wegen blutleer

Wer hier genau hinsieht, bewahrt den entscheidenden Durchblick

Der Brandner Kaspar – Das Musical

Ein himmlischer Spaß: Im Paradies hängt der Segen schief, weil ein Sterblicher den sonst so zuverlässigen Boandlkramer über den Tisch zieht – ausgerechnet beim Kartenspiel. 18 weitere Lebensjahre! Ja, wo samma denn! Christian Auer und Librettist Karl-Heinz Hummel verpacken den beliebten Schwank in heimische Klangwelten. Heraus kommt mit Der Brandner Kaspar – Das Musical eine Gaudi mit Schmunzelgarantie. (Deutsches Theater, bis 12.1.)

Elisabeth – Das Musical

Etwas weniger krachledern, dabei nicht weniger aufwühlend blinzelt Elisabeth – Das Musical ums Eck. Michael Kunze und Sylvester Levay haben aus dem Leben, Lieben und Leiden Sissis einen Erfolgsstoff gemacht, der in Wien stilvoll im Ehrenhof von Schloss Schönbrunn aufgeführt wurde. Über zwölf Millionen Fans in 14 Ländern können sich nicht irren. Schnüff! (Deutsches Theater, ab 7.1.)

Der Tiefseefisch

Ohne Tüll und Reifröcke kommt dagegen Marieluise Fleißer aus, die von Bert Brecht, Rainer Werner Fassbinder und Franz Xaver Kroetz gefeierte Ingolstädter Volksdramatikerin, deren Stücke immer noch viel zu oft übersehen werden. Der Tiefseefisch erzählt von einem Paar, das sich in einem winzigen möblierten Zimmer den Alltag zur Hölle macht. Als nutzte man einen Seismografen der zerstörerischen Unruhe, die sich schon in den frühen 30er-Jahren in deutschen Kleinstädten breitmachte. (Pasinger Fabrik, ab 7.1.)

Drei Schwestern

„Geh, geh und schau dich nicht mehr um“: Wenn Fliehen doch so einfach wäre. Stattdessen hängen die titelgebenden Drei Schwestern Olga, Mascha und Irina in der klaustrophobischen Enge eines russischen Provinz-Landguts fest. Tschechow eben, inszeniert von Andreas Wiedermann. (Teamtheater, ab 9.1.)

Muje

Dissonanzen akzeptieren, das Verstörende und Unbekannte ertragen, Ruhe finden und neue Verbindungen bauen: Die Tanz-Performance Muje lässt sich von der Freiheit von Jazz-Improvisationen inspirieren. (HochX, ab 9.1.)

Event

Was wäre, wenn uns das, was wir Leben nennen, nur vom Wesentlichen abhalten würde? Andreas von Studnitz versucht im Ein-Mann-Stück Event von John Clancy, die große Illusion zu entlarven. Sind wir nicht alle nur unwissentlich Darsteller in einer seltsamen Inszenierung? (Theater Und so fort, ab 10.1.)

Non + Ultras

Mit Fanatismus, Krawall, Umsturzgelüsten und mit Protestformen – in der Politik und im Fußballstadion – setzt sich Moritz Ostruschnjak, unterstützt vom ägyptischen Sänger und Komponisten Abdullah Miniawy im knalligen Tanz- Stück Non + Ultras auseinander. (Muffathalle, 11./12.1.)

Gigantische Einsamkeit

Auf den Hund gekommen: Von der Kommerzialisierung der Trauer berichtet Paula Kläy in ihrem Stück Gigantische Einsamkeit. Dort bleibt nach Tod und Verlust nur ein kleiner putziger Roboter zurück. Ein mechanischer Trauer- Vierbeiner soll die Hinterbliebenen trösten. Doch auch er bleibt machtlos gegen Verdrängung und Heuchelei. (Kammerspiele, 15.1.)

Ruhe bitte

Eine Schauspieltruppe steckt mitten in den Endproben. Die Hektik ist groß. Die Eitelkeiten sind es auch. Doch zu den Sticheleien, dem Liebeskummer und den schlecht gelernten Texten kommt dann auch noch Gewalt: Ruhe bitte, eine Theaterfarce von Klaus Kremer. (Theater Und so fort, ab 16.1.)

Ich will aber!

Sollte man es vielleicht doch noch mal mit dieser vielbesungenen Demokratie versuchen? Die aktive Mitbestimmung und alle Regeln, die dafür wichtig sind, kann man im Jugendstück Ich will aber! einüben. Es geht um große Klappen und notwendige Kompromisse. (Schauburg, ab 15.1.)

Weltuntergang oder Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang

Auch am höchsten kosmischen Gericht hat man die Faxen dicke. Die Erde leidet an der Krankheit „Menscherln“. Ihre Bewohner führen sich so rücksichtslos auf, dass nun die Strafe beschlossen wird: Weltuntergang oder Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang lässt einen Kometen mit dem planlosen Kometen kollidieren. Ätsch! (Metropoltheater, ab 16.1.)

9 to 5 – Das Musical

Gegen den alltäglichen Chauvinismus im Büro: Violet, Judy und Doralee haben die Geduld mit den Machos, die ihnen nicht nur auf dem Karriereweg im Weg stehen, längst verloren. Das taffe Musical 9 to 5, das endlich wieder auf die Bühne zurückkehrt, will die Machtverhältnisse umkrempeln – mit Leidenschaft und mit Humor. (Spectaculum Mundi, ab 17.1.)

Persephone. Das Wandern

Sich verstecken ist keine Lösung, wie man schon in der Antike wusste: Persephone. Das Wandern greift den Mythos der Unterwelts- und Fruchtbarkeitsgöttin auf, die immer nur ein halbes Jahr lang auf der Erde weilt und mit ihren zyklischen Bewegungen das Leben und die Naturabläufe rhythmisch gliedert. Nick Tlusty hat daraus eine musikalische Suche gemacht. (Akademietheater, ab 22.1.)

Sankt Falstaff

Ewald Palmetshofer, der östereichische Dramatiker, liebt seinen Shakespeare und hält so manches Stück für moderner, als man es vermutet. Aus dem derben Kneipentreiben von „Henry IV“, in dem sich Königstragödie und Komödie mischten, macht er im Auftragswerk Sankt Falstaff eine Reflexion über die Verrohung der Politik. Zum Glück hat der alte Suffkopp ein ganz weites Herz und mehr Unbestechlichkeit, als ihm die Mächtigen zutrauen. (Residenztheater, ab 22.1.)

Sweats – Das Jogginghosen-Musical

Auch Falstaff hätte seine Freude an der weichen Schlabberhose gehabt, der Spitzzunge Karl Lagerfeld einst völlig zu Unrecht die Existenzberechtigung absprach: Sweats – Das Jogginghosen- Musical ist eine mode-politische Textur, die die Truppe Traummaschine mit Jugendlichen aus der Mittelstufe erarbeitet hat. Digga! (Schwere Reiter, 23.1.)

Caligula

Wenn das Sterben keinen Sinn hat, kann man es ja krachen lassen. So oder anders muss sich das Caligula gedacht haben, der nach dem Tod seiner geliebten Schwester alle Hoffnungen – und schnell auch jedes Gefühl für Moral – verlor. In Zeiten neuer Willkürherrschaft und Obrigkeits-Brutalität hat das Stück von Albert Camus bedauerlicherweise Hochkonjunktur. (Volkstheater, ab 23.1.)

Oh, Schreck!

Den Vorwurf, angeblich „blutleeres“ Theater zu betreiben, nimmt man an den Kammerspielen wörtlich und antwortet mit einer Vampirkomödie: Für Oh, Schreck! steigt Max Schreck, bekannt geworden durch seine stilbildende Rolle in Murnaus „Nosferatu“- Film, aus den Theaterkellern nach oben. Und saugt sich dort fest. (Kammerspiele, ab 24.1.)

Regen

Ein Mann kommt durchnässt in eine Bar – und beginnt mit dem Erzählen. Ferdinand von Schirach hat das im Theaterstück Regen so beschrieben. Und weil er das kann, spielt er einfach mal selbst – auf der Messerkante zwischen Erfolgsautor und Bühnenfigur. (Prinzregententheater, 28.1.)

Faulender Mond

Echte Freundschaft am echt unwirtlichen Ort. Anais Clerc siedelt ihr Stück in einer Fleischerei an, wo zwei Frauen hart hinlangen müssen, aber trotzdem träumen dürfen. Ihr Bezugspunkt ist ein Faulender Mond. (Volkstheater, ab 31.1.)

Alcina

Und dann gibt’s zum Schluss noch himmlischen Wohlklang – im Liebesgetümmel und bei den Heldentaten von Händels Barock-Oper Alcina. Jauchzet, frohlocket! (Gärtnerplatztheater, ab 31.1.)