Diese tollen Stücke heben die Stimmung, nicht nur rund ums große Fest
Hänsel und Gretel
Flucht aus dem Pfefferkuchenhaus: Weihnachten ist nicht nur dann, wenn Klingelingglocken aus allen Lautsprechern plärren und wenn es ruppig wird in den Innenstädten. Sondern auch dann, wenn die Opernhäuser ihren Spielplan saisonal einfärben. Ein angenehmer Zufluchtsort – trotz der auf dem Weg zum Happy End gelegentlich ungemütlich bedrohlichen Hexenhandlung – ist natürlich die klassische Märchenoper von Engelbert Humperdinck: Hänsel und Gretel sind wieder im finsteren Wald unterwegs. Kann man genüsslich verknuspern! (Gärtnerplatztheater, ab 1.12.)
Contemporary Dance 2.0
Was dem einen ihr Märchenwald, ist den anderen die Tanzfläche im Lichtdurchfluteten, Beat-durchwummerten Club: Mit Elektro-Soundtracks arbeitet das mitreißende Gastspiel der Tänzer von Gauthier Dance und vom Theaterhaus Stuttgart: In seiner Arbeit mit dem puristischen Titel Contemporary Dance 2.0 spielt der Israeli Hofesh Shechter, von dem die Musik und die Choreografie stammen, seinen markanten Stilwillen aus. Er setzt allerdings auch gezielt witzige Zitate auf die Arbeiten befreundeter Choreographen ein. (Muffatwerk, 3.12.)
Früchte des Zorns
John Steinbecks Roman Früchte des Zorns, der später verfilmt wurde und ihm 1962 den Nobelpreis einbrachte, erschien schon 1939. Kaum zu glauben, so „heutig“ wirkt das Setting, in dem Flüchtlingsschicksale aufgrund von Klimawandel- Extremwettern geschildert werden. Es geht um einen Treck Verzweifelter heraus aus dem sogenannten Dust Bowl. Nichts wie weg aus der Gegend im Mittleren Westen, die von Dürre besonders stark betroffen war. Doch auch im vermeintlich gelobten Land Kalifornien wartet niemand auf die Farmer. Regisseur Max Lindemann holt all das auf die Bühne. (Volkstheater, ab 4.12.)
Der Fiskus
Eine Art beißende „Stromberg“-Satire im Finanzamt: Felicia Zeller schildert in ihrem Stück Der Fiskus das hilflose Treiben einer Behörde, in der Computer streiken, Aufzüge steckenbleiben, aber in dem auch das Sachbearbeiter-Team mit Falschangaben in Steuererklärungen sowie vor allem mit den allgegenwärtigen Büro-Intrigen zu kämpfen hat. Nicht lustig. Aber wohl wahr. (Metropoltheater, ab 4.12.)
Wellano! Lebst aa no?
Nicht vergessen: Liesl Karlstadt verblasst gelegentlich im Schatten ihres Partners Karl Valentin. Das möchte ihr Großneffe Andreas Wellano nicht so stehen lassen – in seinem Stück Wellano! Lebst aa no? über ihr Wirken und Werden. (Teamtheater, ab 5.12.)
Grease
Frische Pomade ins Haar: Grease, das Erfolgsmusical, ist zurück – diesmal in einer Originalfassung aus dem Londoner West End. Freuen darf man sich auf unbeschwerte Fifties-Lebensfreude und Hits wie „You’re The One That I Want“ und „Summer Nights“. (Deutsches Theater, ab 11.12.)
Die schöne Galathée
Im Sommer war es die Erfolgsproduktion in Münchens kleinstem Opernhaus. Nun kehrt auf vielfachen Wunsch die von Marcus Everding neu bearbeitete und schmissig inszenierte Operette Die schöne Galathée nach Franz von Suppè wieder. Mit Charme, viel Augenzwinkern und ganzem Liebesgöttinnen- Körpereinsatz werden die antike Gipsklassik, aber vor allem die Allmachtsphantasien kreativer Männer durch den Kakao gezogen. (Pasinger Fabrik, ab 12.12.)
Proteus 2481
Einen irren Fund will der österreichische Altphilologe und Regisseur Thomas Köck auf einer Reise nach Mexiko gemacht haben. Dort fand er angeblich versteckt in einem Buchrücken spanisch- lateinische Fragmente eines Theaterstücks, das 2481 Jahre alt ist: Er übersetzt den Text, lässt von einer KI die Lücken flicken und bringt Proteus 2481 auf die Bühne – ein saukomisches Satyrspiel von Aischylos, wie er sagt. Es ist der lange verschollene Abschluss der „Orestie“. (Kammerspiele, ab 13.12.)
Das Ende der Schwerkraft.
Lieber gut vorbereitet sein möchte der Protagonist Klopp in der neuen Heiko- Dietz-Produktion, die ein schräges Licht auf Verschwörerwelten wirft. Die eigentliche Bedrohung der Menschheit geht nicht von Chemtrails oder Reptilienmenschen aus, meint Klopp. Was er fürchtet, ist: Das Ende der Schwerkraft. Vorsichtshalber baut er sich einen Bunker. (Theater Und so fort, ab 13.12.)
Die Gewehre der Frau Carrar
Kann man sich überhaupt raushalten, wenn Gewalt und Krieg die Welt bedrohten? In seinem ungewöhnlich undogmatischen Stück Die Gewehre der Frau Carrar erzählt Bertolt Brecht von einer Mutter, die ihre beiden Söhne schützen und vom Militärdienst fernhalten möchte. Doch dann rücken mitten im Spanischen Bürgerkrieg General Francos Truppen immer näher. Außerdem hat Mutter Carrar die titelgebenden Waffen in ihrem Haus versteckt. Extrem nervenaufreibender Konflikt! Das flankierende Gegenstück Würgendes Blei stammt vom Dramatiker Björn SC Deigner, den das Resi mit einem Antworttext auf Brecht beauftragt hatte. (Marstall, ab 14.12.)
Der Wal
Vom Wunsch, sich ausdrücken zu können und damit auch Gehör zu finden: Der Wal erzählt von einem Meeresbewohner, der in den Tiefen der Ozeane sein klagendes Lied singt. Doch kein Artgenosse antwortet ihm, weil die anderen auf einer tieferen Frequenz stöhnen. Das Spiel aus Licht, Schatten, Klang und Figuren bewegt auch jüngeres Publikum. (Hoch X, 15.12.)
Oliver Twist
Ans Herz geht die Geschichte vom Waisenjungen Oliver Twist: Den Charles-Dickens- Klassiker dürften viele gelesen oder in einer Verfilmung gesehen haben. Als deutsches Musical kommen die Emotionen besonders nahe – vor allem rund um die Weihnachtstage. (Deutsches Theater, Silbersaal, 20. bis 29.12.)
La fille du régiment
Zeitweise galt La fille du régiment als Gaetano Donizettis beliebteste Oper, bevor das humorvolle Stück ein wenig in Vergessenheit geriet. Nun darf man sich auf ein Wiedersehen und -hören mit der „Regimentstochter“ freuen – als Koproduktion zwischen Staatsoper und dem Teatro San Carlo aus Neapel: Als Kind wurde Marie verlassen auf dem Schlachtfeld aufgefunden und von Soldaten gemeinschaftlich großgezogen. Natürlich kommt es zu Liebesverwicklungen. (Nationaltheater, ab 22.12.)
Romeo und Julia
Ernster gestalten sich die Herz- Schmerz-Qualen bekanntlich im größten Liebesdrama der Theatergeschichte: Sergei Sergejewitsch Prokofjew hat aus Shakespeares Romeo und Julia ein Ballett gemacht, das nun als opulentes Fest für die Sinne zu bestaunen ist – auch dank der temporeichen, an rasante Filmschnitte erinnernde Szenenwechsel zwischen lebensbejahenden Romantik-Momenten und Abgründen erschütternder Tragik. (Stadthalle Germering, 26.12.)
Palais Royal
„Ich begreife nicht, warum die Leute nicht auf der Gasse stehenbleiben und einander ins Gesicht lachen. Ich meine, sie müssten zu den Fenstern und zu den Gräbern heraus lachen, und der Himmel müsse bersten, und die Erde müsste sich wälzen vor Lachen“: Kaum zu glauben, wie keck hier Georg Büchner, der leider mit nur 23 Jahren viel zu früh verstorbene Vormärz-Dichter, sein Befremden über den Zustand der Welt formulierte. Palais Royal ist eine Theatermontage, die Texte und Motive aus Büchners 200 Jahre altem Gesamtwerk neu arrangiert. Heraus kommt ein Blick auf eine Gesellschaft in Unruhe, der alle Sicherheiten fehlt. Klingt vertraut? Leider ja! (Theater Viel Lärm um Nichts, ab 27.12.)