Soll zum Sendergesicht werden: MARTIN FRANK

„Immer klar und deutlich – und manchmal derber“ – Martin Frank im Ortsgespräch

Ins grelle Rampenlicht: Wie Niederbayern-Kabarettist Martin Frank jetzt mit seiner TV-Show „Frank am Freitag“ durchstartet.

Herr Frank, eine eigene BR-Sendung – das ist der Ritterschlag als Unterhaltungskünstler, oder?

Das war früher vielleicht mal so. Zu Thomas Gottschalks und Günther Jauchs Zeiten konnte man sich vermutlich nach einer Sendung zur Ruhe setzen. Diese Zeiten sind vorbei. Ich habe noch keine Gelegenheit gehabt, mir zu überlegen, ob das jetzt ein Ritterschlag ist. Ich finde, es ist sehr viel Verantwortung.

Wie meinen Sie das?

Der BR ist ein toller Sender. Und der Sendeplatz, den ich bekommen habe, ist prominent. Dem will ich natürlich gerecht werden. Jetzt will ich erst mal die Sendung gut abschließen. Danach sehe ich mir alles noch mal in Ruhe an – und merke dann schon, ob sie gut oder nicht gut geworden ist. Dann kann man mal schauen, wo man steht.

Fühlt man sich mit einer solchen BR-Sendung schon als Teil einer Familie?

So langsam schon. Am Anfang waren wir beim Drehen viel draußen. Ich habe da die ganzen Einspieler für die Sendung abgedreht und hatte da noch gar nicht so den Kontakt zum gesamten Team der Sendung. Erst nach und nach habe ich dann bei den ersten Proben im Studio die vielen Kameramänner und Kamerafrauen kennengelernt, auch die Leute in der Ton-Regie, die Ton-Meister und -Meisterinnen. Es war ein erstes Anschnuppern, was sich bis zum letzten Drehtag noch stark intensivieren wird. Es ist ein sehr herzliches Team. Jeder hat Lust. Und die Sendung soll ja gute Laune verbreiten. Ich versuche, diese gute Laune natürlich dann auch irgendwie allen Gewerken, die mit mir vor Ort sind, zu vermitteln.

Was ist anders, wenn man in seiner eigenen TV-Produktion plötzlich der Herr im Haus ist?

Ich habe schnell gemerkt, wie groß der Unterschied zu draußen ist, wenn ich allein auf Tour gehe. Da bin ich wirklich mein eigener Chef und kann machen, was ich will. Die BR-Sendung ist Teamarbeit. Für mich ist das schon recht neu. Ich war die letzten Jahre schon fast autistisch in meiner eigenen Welt unterwegs. Jetzt bin ich plötzlich Teil eines Teams. Wenn ich jetzt behaupte, irgendein Einfall sei vielleicht nicht so lustig, dann gibt es immer gleich drei Leute, die sagen: „Ja, das ist aber schon lustig!“ Und die machen schon viel länger Fernsehen als ich. Ich muss jetzt schon auch lernen, anderen Meinungen zu vertrauen!

Eine harte Schule?

Es ist ein tolles Team. Außerdem bin ich ein Freund von klaren Ansagen. Ich mag’s nicht so gern, wenn mir jemand irgendwas durch die Blume zu verstehen gibt. Meine verantwortliche Fernsehproduzentin sagt knallhart: Finde ich scheiße, finde ich gut. Genau solche Ansagen brauche ich.

Ein bisschen wie ein Standesbeamter, der Sie ja auch mal waren. So ein Standesbeamter verhandelt auch nicht, oder?

Genau. Ich denke, die Leute beim Fernsehen haben sich sehr meiner niederbayerischen Mentalität gefügt.

Das heißt?

Ich bin nicht so sehr der im großen Stil emotionale oder extrem gefühlvolle Mensch. Ich brauch’s immer klar und deutlich – und manchmal vielleicht ein bisschen derber.

Was bedeutet das für Ihre Bühnenprogramme?

Live ist natürlich alles möglich. Man kann viel mehr improvisieren und auch mal spontan Gas geben. Im Studio hat man seinen festen Ablauf. Kürzlich hatte ich bei Proben mal frei heraus angekündigt, dass ich das Opening noch mal ganz anders geschrieben habe. In solchen Momenten bricht natürlich Panik aus.

Na klar.

So eine Veränderung zieht dann gleich einen Rattenschwanz hinter sich her. Jede Änderung muss erst wieder vom BR abgenommen werden. Sämtliche Gewerke müssen mitkriegen, was sich geändert hat. Der Mann am Teleprompter muss wissen, dass da jetzt neuer Text kommt. Der Head-Autor muss natürlich auch seinen Segen geben. Ich kann nicht einfach ins Studio stürmen und sagen: Heute ist alles wieder ganz anders!

Gelten die Niederbayern nicht ohnehin als potenziell entsicherte Waffe oder schon tickende Zeitbombe, weil man ihnen doch oft jede Form von spontaner Mistviecherei und vor allem ein offenes Mundwerk zutraut?

Es ist wahrscheinlich ein bisschen das Anarchistische. Allerdings weiß ich nicht, ob nur der Niederbayer so ist. Ich merke selbst oft, wenn ich vom Land komme, bin ich Diskussionen wie jenen rund um politische Korrektheit relativ fern. In der Stadt ist man mehr mit solchen Debatten beschäftigt. In der Stadt überlegt man sich wahrscheinlich mehr, was man sagen kann und was nicht. Auf dem Land haust du es einfach raus! Und dann sieht man schon, ob ein Shitstorm kommt oder nicht. Vielleicht ist es deswegen ja ganz spannend, Landleute vor die Kamera zu stellen – und dann einfach mal zu schauen, was sie so von sich geben.

Sie haben in der Sendung ja nun auch eine andere Rolle: im weitesten Sinne als Gastgeber. Fällt das schwer, wenn man auch mal den Mund halten oder sich stärker zurücknehmen muss?

Ich muss natürlich meinem Gast oder der Gästin, die zu mir in die Sendung kommt, einen Teppich ausrollen. Sie oder er ist der Mittelpunkt der Sendung. Ich musste das erst lernen. Ich bin ja in erster Linie Kabarettist und Komiker – und ich bin es einfach gewohnt, dass ich auf der Bühne stehe und dort meine Monologe halte. Mein Opening in der Sendung soll schon lustig sein. Ich soll aber eine Stand-up-Nummer daraus machen. Und dann kommt auch schon der Gast. Für mich ist das schon ungewohnt. Aber ich lerne ja gerne dazu!

Wünscht man sich eigentlich lieber möglichst fade Gäste, damit man selber witziger und geistreicher rüberkommt?

Den Gedanken hatte ich noch nie. Ich gehe nicht davon aus, dass die Redaktion fade Gäste einlädt. Meine Angst wäre eher, dass da nichts kommt vom Gast – und ich hätte dann die alleinige Verantwortung, dass es witzig wird. Es soll schon Pingpong werden – ein Geben und Nehmen. Vor dem Thema Talk habe ich einen großen Respekt. Ich glaube, da kommt auch wieder meine niederbayerische Mentalität zum Vorschein. Der Niederbayer – vor allem, wenn er vom Bauernhof kommt – redet privat nicht so viel. Small Talk geht schon gleich gar nicht. Wenn ich Gespräche führe, dann soll es halt gleich um irgendwas gehen.

Haben Sie auch Angst vor der Stille?

Vor der Stille habe ich große Angst – vor allem, weil ich insbesondere meine Solo-Programme schon auf eine gewisse Pointen-Dichte hin ausrichte. Sobald da mal 30 Sekunden kein Lacher kommt, werde ich nervös und fange auf der Bühne zu schwitzen an. In der Sendung kann es schon vorkommen, dass ich auch mal länger einfach nur zuhöre. Es ist zwar der Freitagabend, der bekannt ist für Comedy. Aber wir haben schon versucht, auch gehaltvolle Themen in die Sendungen zu packen.

Wie halten Sie es eigentlich ganz persönlich: Wie häufig wechseln sie zwischen München und dem Land, wo Sie Kraft tanken?

Ich brauche die Mischung. Wenn ich viel in der Stadt unterwegs bin, dann fehlt mir das Land. Und wenn ich länger am Land bin, dann denke ich mir: Ah, jetzt wär’s gut, wenn ich wieder mal in München wäre. The Grass is always greener on the other side, heißt’s ja so schön. Vieles liegt aber auch an meiner Persönlichkeit.

Inwiefern?

Ich bin ein Mensch, der sich ganz schwer für etwas entscheiden kann. Ich bewundere Leute, die so einen Plan im Leben haben, und den ziehen sie durch. So bin ich leider gar nicht.

Das heißt: Sie haben überall an jedem der beiden Wohnsitze mindestens noch Reserve-Zahnbürsten stehen?

Das Allerwichtigste in meinem Beruf!

Wie groß ist dann die Tournee-Qual für Sie?

Ich mag das Unterwegssein eigentlich ganz gern. Das einzige Problem: Ich kann in der Regel die erste Nacht in einem Hotel nicht so gut bis zum Teil gar nicht schlafen. Das ist schwierig: Meistens bleibt man nur eine Nacht in einem Hotel. Und dann geht’s auch schon wieder weiter. Ich schlafe dann einfach fast gar nicht. Und ich suche mir immer Methoden, wie ich mit solchen Nächten klarkomme.

Werfen Kabarett-Stars eigentlich auch mal Fernseher aus dem Fenster, so wie die Rockstars das früher gemacht haben?

Das geht ja leider nicht mehr! Weil die Fernseher meistens an der Wand fest angeschraubt sind. Früher standen da ja Röhren-Fernseher, die konnte man werfen. Die Flachbildschirme sind alle festgetackert. Die bringst du nicht mehr los. Das einzige, was ich aus dem Fenster schmeißen kann, ist der Bademantel vom Hotel. Das war’s dann aber auch schon. 

Vom Bauernhof ins BR-Fernsehen: Martin Frank, geboren 1992 im niederbayerischen Hutthurm, war zunächst Standesbeamter, bevor es ihn vor großes Publikum zog. In München ging er auf eine Schauspielschule, wandte sich dann aber immer mehr dem Kabarett zu. Seine Freitagsreihe „Frank am Freitag“, die am 13. September startet, ist sein erstes festes Engagement im Bayerischen Fernsehen.