Trotz allem: Besinnlichkeit! – Eine Glosse

Gerade weil sich die Welt aktuell in Schieflage befindet, ist Zeit sich zu besinnen.

Als Kind hab ich mich oft gefragt, warum die Welt nicht immer so sein kann wie zur Weihnachtszeit: Die Leute sind gemütlich drauf, man isst viel, nimmt die Arbeit nicht so wichtig und es scheint nirgends was Schlimmes zu passieren. Wär doch saugriabig!

Was hier so introspektiv daherkommt, ist natürlich auch dem beschränkten Horizont meines kindlichen Ichs geschuldet. Man kann nicht endlos den neuen „Crash-Bandicoot“-Teil, den einem das Christkind frisch unter den Baum gelegt hatte, auf der Playstation spielen, danach in den Gasthof Hinterbrühl kugeln, zwischendrin spazieren gehen und dann wieder Playstation spielen. So läufts leider nicht. Man muss sich anscheinend auch den ernsten Dingen widmen, schauen, dass der Laden läuft, dass „a Geld neikummt“. (So sagt man’s mir zumindest immer wieder und intellektuell nachvollziehen kann ich’s im Rahmen der Gegebenheiten auch, emotional eher nicht.) Ferner ist zu sagen, dass damals meine Vorstellung von der Welt, die doch gefälligst so bleiben soll wie zu Weihnachten, an den majestätisch aufragenden Klippen, die das Ostufer des Hinterbrühler Sees bilden, auch schon zu Ende war.

Aber trotz frühkindlichem Antikapitalismus -der in mir bis heute eh nicht abgeklungen ist- und beschränkter Sicht auf den Globus, maße ich mir an, zu sagen, dass da ein Funken Weisheit in meinen Reflexionen lag. Das wirklich Schöne an Weihnachten hatte ich erkannt: Das Beisammensein, das Genießen von dem, was man an Immateriellem um sich hat.

Besinnlichkeit trotz Krisen

Ja, im Winter 2024 gibt’s global wahrlich genug Gründe dafür, auch zur Weihnachtszeit schlecht drauf zu sein: Kriege allenthalben und Terror und Klimakatastrophen. Megalomanen, die weltfremde an Batman-Bösewichte erinnernde Vollidioten in ihr Kabinett fürs weiße Haus berufen. Auch in Europa ein Rechtsruck, wohin man schaut. Bei uns in Deutschland: Aktuell keine funktionierende Regierung, (nicht nur, aber auch) weil eine Partei aus ebenjener Regierung absichtlich intrigiert hatte: Ein Rechtsruck bei kommenden Neuwahlen ist auch hier zu befürchten. 2025 kündigt sich wahrlich unheilvoll an. Machen wir uns nix vor: Das alles kann einen Menschen schon ganz schön runterziehen. Und da sind die privaten Probleme, die wir mit uns rumschleppen noch gar nicht mit eingerechnet. Kann da überhaupt Weihnachtsstimmung aufkommen? Wenn man’s richtig macht, schon! Bei der Besinnlichkeit geht es ja genau darum, in sich zu schauen und zu reflektieren, was einem wirklich wichtig ist. Sie -die Besinnlichkeit- wird durch weltpolitische Desaster nicht unmöglich gemacht. So schlimm es klingt: Vielleicht machen all die Katastrophen sogar noch deutlicher, was man im Leben hat und was einem Glück bereitet. Und wir, die wir in München leben, haben allein dadurch schon vieles, über das wir uns freuen können. Wir lesen im In-Heftl, auf welches Konzert wir demnächst gehen oder wo wir bald was Gutes essen wollen. Dass es uns so ergeht, ist ein Geschenk und darauf können wir uns besinnen. Egal ob Kind oder Erwachsener. Egal ob Weihnachten oder unterm Jahr.