11.04.2024
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Rainer Germann
Das Stadion der Träume verwandelt das Fat Cat anlässlich der Fußball-EM 2024 vom 10. Mai bis 13. Juli in eine Kulturarena der besonderen Art
„Zuerst war es eh nur ein Traum“, sagt Albert Ostermaier, Münchens bekannter Theaterregisseur und Autor, der für die künstlerische Leitung dieses u.a. von der Bundesregierung und der Stiftung Fußball und Kultur geförderten Projekts zur Fußball-EM 2024 zuständig ist. Und um Letzteres geht es auch: Im „Stadion der Träume“ sollen sich Fußball und Kultur im Doppelpass verbinden, „ohne Seitenlinie und ohne Abseits oder Aus“. Wie der ebenfalls für einige Inszenierungen vorgesehene Filmregisseur Hans Steinbichler auf der Pressekonferenz feststellte: Eine Neuauflage des Sommermärchens 2006 werde es nicht geben – dafür hätte sich die Welt seit damals zu dramatisch verändert, und das nicht zum Positiven. „Der Geist wäre aus der Flasche“, so Steinbichler und spielt damit auf die Präsenz von Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus in Gesellschaft und Teilen der Politik an, die man sich vor 18 Jahren in den kühnsten Träumen nicht hätte ausmalen können. „Bunt sehen“, kann man die Fußball-EM 2024 durchaus, sagt Steinbichler, aber nicht „durch die rosa Brille“.
Im Stadion der Träume soll das breitenwirksame und globale Thema Fußball mit Vielfalt und Toleranz an einem gemeinsamen Ort wahr werden, mit Theater und Konzerten, Performances und Panels, Lesungen und Filmen – und dazu hätte man jemanden wie Till Hofmann gebraucht, „jemand, der Unmögliches möglich machen kann“, so Ostermaier. Und natürlich ein breit aufgestelltes Line-up an spannenden Stimmen aus Kunst und Kultur, Sport und Gesellschaft (u.a. Veronica Ferres, Katja Bürkle, Nina Kunzendorf, Uwe Ochsenknecht, Clemens Schick und Lars Eidinger; Herbert Grönemeyer, Claudia Roth, Matthias Sammer, Uli Hoeneß, Marcel Reif und Didi Hamann), die der Faszination Fußball in einem künstlerisch relevanten Spektrum unter Einbeziehung auch negativer Aspekte wie eben Rassismus oder Homophobie einen aufgeschlossenen und kritischen Ausdruck geben.
Die eigens entworfene Außenbühne, genannt „Stadion“, auf dem Gelände des FatCat, dem ehemaligen Gasteig am Rosenheimer Platz, wird zu einem Spielort im öffentlichen Raum für Begegnungen über alle Grenzen hinweg und für die gemeinsame Begeisterung für Fußball und Kultur – ein Kleinfußballfeld steht auch rund um die Uhr zum Kicken zur Verfügung, u.a. lädt hier der Verein „Buntkicktgut“ zum Fußballspielen ein. Der Entwurf für das bunte Stadion stammt von der Londoner Künstlerin Morag Myerscough. Mit charakteristischen Formen und Farben setzen ihre Installationen ein Zeichen für Fröhlichkeit und Optimismus – und für die faszinierende Bandbreite unserer Kulturen. Neben der Außenbühne, die Platz für etwa 300 Zuschauer bietet, werden außerdem Räumlichkeiten im FatCat, sowie auch andere Orte, wie zum Beispiel die Isarphilharmonie oder das Residenztheater bespielt.
Herzstück des Programms sind dabei Theatertexte von Natalia Blok, Olga Bach, Sharon Dodua Otoo, Nuran David Calis, Davide Enia, Friedrich Ani, Oliver Guez und Albert Ostermaier, die eigens für das Stadion der Träume geschrieben wurden und dort ihre Uraufführung feiern. Mit „Holy Game“ gibt es auch die Erstaufführung einer eigene Fußballoper von Gian Maria Cervo, Albert Ostermaier und Alessandro Praticó in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Staatsoper. Dennenesch Zoudé, Katja Bürkle und Brigitte Hobmeier lesen Fußballtexte und -gedichte, das Bellevue di Monaco ist mit zwei Neuproduktionen ebenfalls Teil des Programms. Dazu gesellen sich diverse Konzerte, u.a. mit Zylva, Sukini, Vandalisbin, Amy & Wally Warning, der Mitmach-Chor Go Sing Choir (singen „Major Tom (Völlig losgelöst)“ von Peter Schilling, Torhymne des deutschen Teams!), Ebow, YĪN YĪN, My Ugly Clementine oder Dreiviertelblut feat. Pestalozzi Brass & String. Die Sportfreunde Stiller kuratieren einen eigenen Abend, spielen selbst und laden Freunde ein.
Diverse Panels, Fußball-Workshops und Diskussionen runden dieses besondere Programm ab, das fortlaufend noch erweitert werden soll – auch um noch ein paar absolute Highlights, wie Ostermaier schmunzelnd anmerkte. Man darf gespannt sein.
Das komplette Programm unter www.stadiondertraeume.de