Starker Herbst: Neuerscheinungen von Joann Sfar, Liv Strömquist, Reinhard Kleist, Cecilia Vårhed, Daniel Clowes, Manu Larcenet, Dinah Wernli, Craig Thompson und Luz
Während die Mad-Max-Saga mit dem Spin Off „Furiosa – A Mad Max Saga“ effektvoll im Popcorn-Kino fortgesetzt wird, schlug Manuel Larcenet mit seiner dystopischen Roadmovie-Erzählung Die Strasse (Reprodukt, bereits erschienen) den genau umgekehrten Weg ein: in eindrucksvollen Schwarzweiß-Bildern adaptiert er Cormac McCarthys Roman hier fast noch gelungener als die eh schon gute Verfilmung von John Hillcoat mit Viggo Mortensen.
Liebeskummer, Eifersucht und andere Katastrophen – in ihrem Debüt erzählt die Schwedin Cecilia Vårhed, Absolventin der Comicschule in Malmö, eine wilde, surreale und urkomische Geschichte einer Gruppe 20Jähriger, die unaufhörlich von der „Ohnmacht in die Hyperaktivität und wieder zurück stolpert.“ Hohle Parole (Edition Moderne, September) ist laut Verlag ein „trippiger Generationenroman über Höhenflüge, Highs und Tiefpunkte und den Drang, alles auf einmal bewältigen zu wollen.“ Klingt gut.
Landsfrau Liv Strömquist stellt in ihrem neuen Band Das Orakel spricht (Avant, Oktober) sieben Ratschlaggeber*innen für alle Lebenslagen vor, u.a. Ronald Reagans Astrologin Carrol Righter, die Heilige Katharina von Siena und Herzogin Meghan Markle, die auf Bananen für Sexarbeiterinnen Lebensweisheiten schrieb. Schräg.
Joann Sfar beschäftigt sich nach seinem letzten großartigen Band „Die Synagoge“, in dem es um seine Jugend in Nizza, die Beziehung zum Judentum und seinen Vater ging, nun in Der Götzendiener (Avant, bereits erschienen) mit der Lücke, die der frühe Tod seiner Mutter für ihn als Kind und seinem Werdegang als Künstler hinterließ. Schöne Ergänzung.
Reinhard Kleist veröffentlicht mit Low (Carlsen, November) nun den zweiten Band seiner Comic-Biografie über David Bowie. Während er in „Starman“ die Ziggy-Stardust-Phase des Pop-Avantgardisten vorstellte, beschäftigt sich Kleist nun mit „David Bowie’s Berlin Years“, wie der Untertitel verrät, und die Arbeit an dem titelgebenden Album. Pop Art deluxe von Kleist – auch aufgrund der passenden Koloration von Thomas Gilke.
Eine chronologische Geschichte der USA vom Vietnamkrieg bis in eine nahe Zukunft in neun Kurzgeschichten – Monica (Reprodukt, November) von Daniel Clowes ist ein genreübergreifender Thriller, der laut Verlag „mit Zeichenstilen, kulturellen Anspielungen und literarischen Eigenheiten experimentiert.“ Die Handlung folgt der Titelfigur, die versucht, ihrem Leben einen Sinn zu geben: durch finanziellen Erfolg und Kreativität, durch Religion und Elternschaft, und macht sich schließlich auf die Suche nach ihrem familiären Hintergrund. Vom Schöpfer von „Ghost World“!
Louise Grittner – Muse. Körper. Objekt. von Dinah Wernli (Edition Moderne, Oktober) ist das Portrait einer Frau aus einer anderen Zeit. Sie war „Mutter. Bäuerin. Bedienstete.“, wie es weiter heißt, und stand dem Schweizer Maler Cuno Amiet immer wieder Modell. Wernli versucht hier „Ein Gedankenspiel, die Erzählung eines möglichen Lebens und ein zärtliches Denkmal für all jene Frauen, die als Gemälde in die Kunstgeschichte eingegangen sind, über die man aber wenig weiß”. Spannend.
Mit „Blankets“ hat er autobiografische Comic-Geschichte geschrieben, seine meisterhafte, 600 Seiten starke Ethno-Saga „Habibi“ gehört ebenfalls in den Kanon der großen Comicliteratur – der amerikanische Zeichner und Autor Craig Thompson legt nun mit Ginsengwurzeln (Reprodukt, Oktober) eine ebenfalls wieder autobiografisch gefärbte Mischung aus Memoiren, Reisebericht, Sachbuch und Essay vor und spricht zugleich globale Themen wie Ackerbau, Massentierhaltung und ganzheitliche Heilung an.
Und zu guter Letzt sei noch der zweite Band von Vernon Subutex (Reprodukt, November) von Luz nach dem Szenario und der Romantrilogie von Virginie Despentes empfohlen – viel besser als die Serie!