Der große französische Comickünstler André Franquin würde am 4. Januar seinen 100. Geburtstag feiern – der Carlsen Verlag veröffentlicht dazu fantastische Sonderausgaben
Gerade wer selbst schon mal kurz vor Deadline in einer Redaktion gearbeitet hat – obwohl sich die Abläufe durch elektronische Kommunikation und Digitalisierung von Text und Layout drastisch verändert haben –, wird nicht umhin kommen, einen Schauer des kalten Gruselns beim Lesen der ersten Seiten der 22seitigen Erzählung „Die Bravo Brothers“ zu verspüren. Ganz nah dran, wie immer, wenn Franquin „live aus der Redaktion“ berichtet. Bevor die Geschichte durch das Auftreten der besagten tierischen Brüder in Gestalt dreier, von Gaston, wem sonst, als Geschenk für Fantasio „geborgten“ Schimpansen zu einem wahren Affenzirkus wird, könnte der Lesende in dem 1965 erschienen Band mit der chaotischen Redaktion auch einer neuen Ausgabe von „Spirou“ entgegenfiebern, dem seit den 1950er Jahren einzig echten Rivalen von „Tim und Struppi“. Selbst deren Schöpfer Hergé erkannte in dem jungen Kollegen den „besten Zeichner in diesem Teil der Welt“, schreiben die Kollegen und Weggefährten José-Louis Bocquet und Serge Honorez in dieser kommentierten Deluxe-Ausgabe von „Die Bravo Brothers“, die nun pünktlich zum Jubiläum erschien. Angeblich sagte Franquin selbst über das Werk: „Wenn man mir alle meine Alben zeigt, ist diese Geschichte diejenige, die ich mit dem größten Vergnügen wiederlese.“
Über Jahrzehnte prägte der am 4. Januar 1924 in Etterbeek geborene André Franquin als Hauptautor und Zeichner mit der Serie „Spirou und Fantasio“ und seinem ausdrucksstarken Zeichenstil und intelligenten Humor den franko-belgischen Comicmarkt. Für dieses Duo schuf er auch die Figur des Marsupilami (Sonderband erscheint am 27. Februar), die zu seinen bekanntesten Schöpfungen wurde, übertrumpft höchstens noch von dem chaotischen Büroboten Gaston, den Franquin noch bis in die 1980er Jahre hinein selbst zeichnete (ein Sonderband erscheint am 9. Januar). In Jubiläumsedition Schwarze Gedanken (erscheint am 24. Januar) kann man Franquin dann von seiner provokanten, zynischen und eher düsteren Seite kennenlernen. Vor allem seine Militär-Strips sind zeitlos aktuell, hier sind sie zum ersten Mal in einem Großformat zu sehen.
André Franquin verstarb am 5. Januar 1997 in Nizza, seinen Beitrag zum europäischen Comic kann man nicht hoch genug ansetzen – er bleibt neben Hergé, Uderzo und Morris einer der wichtigsten franko-belgischen Vertreter der Neunten Kunst des 20. Jahrhunderts.