Die Volksmusiktage 2023 im Fraunhofer sind traditionell, wild und anarchisch – und wieder sehen- und hörenswert
Seit den Neunzigerjahren gelten sie als Podium für Volksmusik und davon abgeleiteter Musik: Wirt Beppi Bachmaier und Musiker Richard Kurländer haben die Reihe entwickelt, die alljährlich im Januar in den Lokalitäten des Fraunhofer stattfindet (Wirtshaus, Kulisse, Theater). Eine Talentschmiede und Hort der Innovation sind sie auch unter Programmdirektor Martin Jonas, der auch für die Musikauswahl im Herzkasperlzelt auf der Oidn Wiesn verantwortlich ist.
Volksmusik heißt im Fraunhofer „Musik mit niederschwelligem Zugang, mit Hingabe an die Instrumente und die Kunst, die sich mit historisch gewachsenen, also ständig wandelnden kulturellen Einflüssen beschäftigt und die Besonderheiten feiert.“ Auch heuer wurde wieder ein zweimonatiges Programm zusammengestellt, das weit über den Tellerrand hinausblickt.
Los geht es gleich mal recht ungewöhnlich mit einem andalusischen Dreikönigssingen von Ricardo Volkert & Ensemble, denn traditionell sind in Spanien die Heiligen Drei Könige (Reyes Magos) wichtiger als Weihnachten. Mit Musik und Tanz formt das Ensemble ein Klanggemälde aus Sinnlichkeit, Lebensfreude und Leidenschaft (6.1.). Tagsüber lädt die berühmte Kapelle Josef Menzl zum Dreikönigs-Tanzfrühschoppen ins Wirtshaus (ab 11 Uhr).
Am 7. Januar führt die musikalische Reise vom „Boarischen Woid nach Mittenwoid“ mit dem Duo Hornsteiner Kriner, dem Trio Salchegger Pürner Schmid und dem Duo Artner Schmid. Den sonntäglichen Tanzfrühschoppen am 8. Januar bestreiten die Well Buam, seit Jahr(zehnt)en gern gesehene Gäste bei den Volksmusiktagen. Das Schweizer-Tiroler Ensemble Jütz setzt sich zum Ziel, mit eigener Stimme, Natürlichkeit und Ehrlichkeit zu musizieren – Musik für die stille, weiße Zeit (12.1.).
In diesem Sinne geht es weiter mit den „Raunachtsagen“ von Karl-Heinz Hummel und der sechsköpfigen Kampp-Musi an Hackbrett, Gitarre, Bass und Klarinette (13.1.), bevor mit Greensleeves and Friends am 14. Januar die Provenienz gewechselt wird: Alison Moffat, Rainer Cox und Frank McLynn sind seit 40 Jahren ein Begriff für traditionelle Musik aus Irland und die benachbarten Inseln. Tags darauf werden die Alpenschweden mit Josef Zapf zum Tanz im Wirthaus aufspielen, Fox und Polka, Boarische, Landler und Zwiefache, Tanzmusik aus Südamerika, Skandinavien oder Pariser Valse Musette stehen hier auf dem Programm des Sextetts (15.1.). Abends wird dann das Projekt Alpentales musikalische Anekdoten aus dem Alpenraum zum Klingen bringen.
Andreas Hirth und Johannes Hafner spielen harmonische Hausmannskost für Liebhaber*innen bayerischer Mundart unter Hirth + Hafner am 18. Januar. Jodula Hedwig Roth aus dem Allgäu und Multi-Blech-BlasInstrumentalist Johannes Bär aus Vorarlberg wandern im Jodelflow durch die Vielfalt der Musiklandschaften. Mit Loop-Maschine und beatboxend schichtet Bär satte Klänge, auf denen sich Roth entfalten kann (19.1.). „Alphorntechno“ gibt es am nächsten Tag mit Marcel Engler, am 21. Januar schafft das Ogaro Ensemble große musikalische Verbindungen zwischen verschiedenen Nationalitäten (Syrien, Moldawien, Venezuela und Deutschland).
Am 22. Januar entfaltet sich dann die ganze Bandbreite der Reihe an einem Tag: tagsüber musiziert der Niederbayrische Musikantenstammtisch im Wirtshaus anarchisch-traditionell, abends wird mit dem „African Song Cycle“ von Sänger und Cellist Thokozani Mhlambi Weltmusik klassisch bis futuristisch interpretiert. Gute Bekannte der Volksmusiktage sind Rudi Zapf & Zapf’nstreich, am 25. Januar präsentierten sie ein weltmusikalisches Feuerwerk in allen nur denkbaren Klangfarben. Auch Aniada a Noar aus Österreich sind gern gesehene Gäste, diesmal treten sie zusammen mit ihrem langjährigen Freund, dem Ausnahmegitarristen und Multiinstrumentalisten Martin Moro an (26.1.).
Seféria heißt die Gottheit der reisenden Musiker*innen und das Weltmusik-Ensemble um Chrisa Lazariotou und der Embryo-Perkussionistin Marja Burchard, das am 27. Januar auf ungeraden Rhythmen tanzt und fremde musikalische Welten eröffnet. Auch das Duo Härtel-Trübsbach verbindet alpenländische, urbane und ferne Klänge, lässt sich von Klassik, Jazz und Weltmusik beeinflussen (28.1.). Den letzten Tanzfrühschoppen im Monat bespielt dann der Regensburger Musikantenstammtisch, bevor es im Februar mit u.a. Spui’maNovas (3.2.), Mathias Pürner (9.2.), Tanzhausgeiger (Frühschoppen, 11.2.), Trio Aufwind (17.2.) und der 5Seen-Bladl-Musi und Josef Zapf (Frühschoppen, 19.2.) weitergeht …
Autor: Rainer Germann