Lieben das Verführungsspiel: Malva Scherer und Quirin Ebnet

Musikerin Malva: „Eine kleine Neuerfindung“

Malva bringt das zweite Album heraus. Und das muss groß gefeiert werden – am 23. Mai in der Milla

Hallo Malva, toll, dass es schon bald ein neues Album gibt, mit noch mehr Malva-Poesie und praktischer Musik-Lebensbegleitung zum Mitnehmen. Wie groß ist die Vorfreude, den Vorhang endlich hochziehen zu lassen?
Unglaublich groß, jedoch ist Vorfreude immer ein wenig mit Angst verbunden. Ein zweites Album herauszubringen ist fast noch aufregender als ein allererstes zu releasen. Wie werden die Menschen reagieren, wie wir uns weiterentwickelt haben? Wird es ihnen genauso zusagen, wie die erste Platte? Was werden sie sagen? Fragen über Fragen.

Wie stark wirkt trotz aller Erfahrung Lampenfieber bei Euch?
Das Lampenfieber spielt natürlich immer noch mit rein, aber gerade das macht es auch so spannend. Und es ist schön, mit einem vorfreudigen Kribbeln im Bauch auf den Release-Tag hinzufiebern.

Hinter einem neuen Album dürften auch wieder viele mehr oder weniger intime Konzerte gelegen haben, in der man die eine oder andere Song-Idee schon mal vorstellen oder andeuten konnte. Wie viel Rückenwind gibt solches Feedback?
Sehr viel! Es war schön zu sehen, wie euphorisch und teilweise überrascht das Publikum auf neue Songs reagiert hat in den letzten Monaten. Und bot mir an, schon einmal etwas vorzufühlen, wie die Lieder live auf die Menschen wirken. Das hat uns als Band auf jeden Fall Zuversicht gegeben für die Zukunft!

Trotzdem: Vor zweiten Alben – vor allem wenn man so viel Lob und tolle Kritik fürs Debüt bekommen hat – gibt es unter Musikern ja oft eine gewisse Scheu. Ist diese berühmt-berüchtigte Angst berechtigt?
Ja, das konnte ich bei mir selbst auch beobachten in den letzten Monaten. Ein erstes Album herauszubringen ist toll, weil man vorher noch nicht viel von mir gehört hatte oder kannte. Da war ,,Das Grell in meinem Kopf“ mein erstes Hallo in die Musikwelt. Ein Ausprobieren. Jetzt, wo wir uns musikalisch auch im letzten Jahr weiterentwickelt haben und uns auf der neuen Platte ,,A Soft Seduction Daily“ auch an anderen Musikstilen versuchen wollten, bemerke ich schon eine gewisse Unsicherheit. Jedoch war mir auch bei diesem Album wichtig, dass sich der „Malva-Charakter” dennoch in jedem Lied widerspiegelt. Auch wenn wir teilweise etwas ausbrechen und das Zarte, Leise nicht überall zu finden ist, habe ich schon das Gefühl, dass wir immer noch den typischen Malva-Sound aufgegriffen haben und dass die Leute diesen hoffentlich auch heraushören werden.

Das neue Album führt die tägliche, sanfte Verführung im Titel. Allerdings: Vom „Soft“-Versprechen sollte man sich auch nicht täuschen lassen, in Songs wie „Electric“ drängt und treibt ihr auch grundsätzlich Tanz-Aufgeschlossene recht nachdrücklich aufs Parkett. Woher kommt die neue Forschheit?
Ich habe neben der vielen wundervollen Resonanzen auf Konzerten auch oft den Satz zu hören bekommen: ,,Sei doch mal lauter“.

„Es ist schön, mit einem vorfreudigen Kribbeln im Bauch auf den Release-Tag hinzufiebern.“

Malva

Tatsächlich?
Einerseits fand ich es schade, dass für Menschen ,,laute Musik“ immer wie etwas Besseres erscheint, weil mehr passiert, und leise Musik wie etwas wirkt, das man nur macht, weil man sich an die Lautstärke nicht herantraut. Ich selbst merke, wie schwer es ist, leise Musik zu machen. Wie intim und zerbrechlich es ist, sich nur mit Gitarre und Gesang auf eine Bühne zu stellen. Da ich aber selbst privat nicht nur leise Musik höre, sondern großer Fan von Bands wie den ,,Babyshambles“ oder Noel Gallagher bin, habe ich zu meinem Mitmusiker Quirin Ebnet gesagt, ob wir uns nicht auch einmal an einem Stil wie diesem ausprobieren wollen. Auch als ein Augenzwinkern, an alle die, die es sich so gewünscht haben.

Wie groß war die Freude, aber auch die Neugier, auf der zweiten Platte mal neue Farben und Stile auszuprobieren, wie befreiend wirkte das im Entstehungsprozess?
Sehr befreiend, auch selbst zu beobachten, wie unterschiedlich meine Stimme sich verhält, wenn es zum Beispiel mal lauter wird. Das Album fußt auf reduzierten Liedskizzen, die ich als Idee und Demo nur von Gitarre und Stimme begleitet an Quirin geschickt habe. All diese Entwürfe hat er zu einem Instrumental verarbeitet. Gerade bei einem Lied wie ,,Glück aufs Haus“ das anfangs eher ruhig und zerbrechlich klang, war ich erstaunt, wie unterschiedlich es sich interpretieren und ausformulieren ließ.

Gibt es eigentlich Stimmungen, Erfahrungen oder Anregungen, die dann eher zu einem Malva-Song auf Deutsch oder auf Englisch führen?
Der Schreibprozess hinter deutschen und englischen Liedern ist immer etwas unterschiedlich. Bei den deutschen Liedern steht meist bereits der Text. Eine Skizze in meinem Notizbuch, einen Text den ich Monate später erst wieder ausgrabe. Und manchmal beschleicht mich dieses Gefühl, dass diese Texte mit Melodie unterlegt und gesungen oft nochmal ganz anders wirken als einfach nur runtergeschrieben auf einer Seite in meinem Tagebuch. Alltagsbeobachtungen, Gedanken, Melancholie. Englische Songs entstehen meist erst nachdem ich die Melodie schon habe.

Welchen Weg nehmen erste Skizzen, bis sie es aus Notizbüchern oder aus dem inneren Ohrwurm im Kopf in einen Song finden?
Oft setze ich mich an die Gitarre und spiele ein paar Akkorde, während ich ein bisschen vor mich hin summe. Wenn ich dann ungefähr grob eine Melodie oder Tonfolge habe, die mir gefällt, überlege ich mir meist einen englischen Text dazu. Manchmal verraten die Melodien auch selber, ob sie lieber in Deutsch oder Englisch besungen werden möchten.