Jazz im Mai: Das Prinzip Freiheit

Der Wonnemonat wird dominiert von der Unberechenbarkeit des improvisierten Jazz

Jazz-Tipps für Ende April:

Flamenco-Jazz von Chicuelo in der Unterfahrt.

Zweimal Unterfahrt: dem kreativen Flamenco-Jazz von Chicuelo (24.4.) folgt ein Allstar-Quartett von Bassist Joe Sanders (25.4.).

Im Import Export wird es perkussiv: mit dem Duo Pidgins aus Mexico City und dem Trio des Münchner Schlagzeugers Simon Popp (26.4.).

Aus Mexico City kommen die Pidgins ins Import Export.

Für das zweite Konzert der neuen Solo-Klavier-Reihe „Einsteins Piano“ wurde der Luxemburger Michel Reis eingeladen (Einstein/ Halle 4). Guido May stockt seine Big Band um Trompeter Joo Kraus auf (28.4., Unterfahrt).

Die Bassistin Kaisa Mäensivu bringt die Vibrafonistin Sasha Berliner, die Saxofonistin Nicole McGabe und die Schlagzeugerin Mareike Wiening mit in die Unterfahrt.

Vier starke Frauen machen in der Unterfahrt gemeinsame Sache: die Bassistin Kaisa Mäensivu, die Vibrafonistin Sasha Berliner, die Saxofonistin Nicole McGabe und die Schlagzeugerin Mareike Wiening (29.4.). Mit Konzerten des Pianisten Simon Lucaciu (30.4., Unterfahrt) und des Ehepaars Karolina Strassmayer (Sax) / Drori Mondlak (Drums/ Bergson, 30.4.) klingt der April aus.

Sun-Mi Hong

Ich muss hier weg, dachte sich Sun-Mi Hong, als ihr Unbehagen immer stärker wurde. Denn: die Eltern streng-konservativ und so gar nicht angetan davon, dass die Tochter unbedingt Schlagzeug spielen will. Ihre Kommilitonen und Lehrer an der Hochschule: ein Haufen Machos mit sehr bedenklichem Frauenbild. Also verließ Sun-Mi Hong Südkorea, studierte in Amsterdam. Und wie sie da gleich aufgeblüht ist, befreit von Zwängen und Vorurteilen. Heute gilt Sun-Mi Hong als wichtige Stimme des europäischen Jazz.

Als Schlagzeugerin ist sie eine Klasse für sich und für ihr Quintett schreibt sie mitunter hochdramatisch verlaufende Kompositionen, die Geschichten erzählen, die vielfarbig und kontrastreich angelegt sind, die latente Spuren koreanischer Musik enthalten und ganz viel Persönlichkeit preisgeben.

Als Schlagzeugerin ist sie eine Klasse für sich und für ihr Quintett schreibt sie mitunter hochdramatisch verlaufende Kompositionen, die Geschichten erzählen, die vielfarbig und kontrastreich angelegt sind, die latente Spuren koreanischer Musik enthalten und ganz viel Persönlichkeit preisgeben. „Mein Weggang aus Südkorea war schon eine Art Flucht. Natürlich war das nicht nur gut von der Heimat weg zu sein. Für die Musik war es aber großartig, weil ich ein neues Umfeld brauchte um kreativ sein und mich entwickeln zu können“, erzählt sie nachts, nach einem furiosen Konzert in Saalfelden. „Jetzt, wo ich mich im Leben und in der Musik befreit fühle, verstehe ich die koreanische Gesellschaft und die Menschen in Südkorea besser und weiß jetzt auch, dass es vielleicht doch nicht so schlecht war wie ich aufgewachsen bin.“ Am 14. Mai gastiert Sun-Mi Hong in der Unterfahrt.

MMI – Festival

© Titel

MMI: was irgendwie nach den Kürzeln eines Tech-Konzerns klingt, steht als Titel über einem Free Impro Festival, das 2016 ins Leben gerufen wurde und sich seither für jede Ausgabe eine neue Stadt aussucht. Vom 2. bis 4. Mai geht es nun im Kulturzentrum Einstein über die Bühne. Was die stattlich besetzte Veranstaltung so spannend macht: hier gehen zwar alle Beteiligten, die sich zum Teil vorher nie persönlich begegnet sind, in personell jeweils übersichtlichen Formationen ohne Vorgaben und Absprachen miteinander um – dennoch sind viele von ihnen dafür bekannt, sich nicht nur auf die gegebenen Freiheiten zu verlassen. Diese ad hoc-Künstler widersetzen sich nicht den läufigen Parametern, auch nicht der Formgebung. Sie alle bekennen sich dazu, neue Wege der Improvisation und Kommunikation austesten zu wollen. In den neun Konzerten des Festivals machen sich Agusti Fernández, Jordina Millà und Marta Varelis über den Flügel und sein Innenleben her, erleben wir die Tänzerin Sònia Sànchez, die Elektroniker von Dieb13, Christine Abdelnour, John Malfon und John Butcher an den Saxofonen, Ana Kravanja an der Geige, Maria Bertel an der Posaune, Marja Burchard am Vibrafon, Alex Reviriego am Bass, Joni Sigil, Lucía Martínez, Vasco Trilla und Zlatko Kaučič an diversen Schlaginstrumenten.

Die einzelnen Konstellationen finden sich auf www.mmi-festival.com

Jazz-Tipps

Gute Musik vermag einem Farben und Bilder vor das innere Auge zu zaubern. Spannend wird es, wenn Live-Musik die Echtzeit-Entstehung von Kunstwerken inspiriert. Im Schwere Reiter steht ein spannender Event an: da nämlich spielt Steve Coleman mit seiner Kult-Truppe Five Elements auf. Seine kühnen Rhythmus-Konzepte werden am 6.5. die Pinselführung des The Beautiful Formula Collective beeinflussen. Live-Musik trifft auf Live-Painting.

Steve Coleman und seine Five Elements (c) Dimitri Louis

Seit 2020 ist Tilman Herpichböhm als Künstlerischer Leiter für den Augsburger Jazzsommer verantwortlich. Er ist allerdings auch selbst als Musiker aktiv. Für sein Diplom-Abschlusskonzert stellte der Schlagzeuger einst eine Truppe mit dem kuriosen Namen Jilman Zilman zusammen– aufmerksame Leserinnen und Leser merken schon: das reimt sich auf Tilman. Stilistisch orientierte sich die Band am Ornette Coleman Quartett oder an John Zorns Masada, brachte aber stets viel Eigenes zustande. Blöderweise macht diese Band jetzt Winkewinke und verabschiedet sich im Rahmen einer Farewell-Tour vom Publikum. Also unbedingt hingegen, wenn Herpichböhm mit den Altsaxofonisten Johannes Ludwig und Julian Bossert, dem furiosen Pianisten Simon Nabatov und dem Bassisten Peter Christof am 13. Mai im Nightclub des Bayerischen Hofs auftritt.

Das niq kollektiv, in dem einige der kreativsten jungen Musiker Münchens aktiv sind, versteht sich als „Netzwerk- und Austauschplattform für die Münchner Szene“. Jetzt gibt das Ensemble in der Black Box im Fat Cat ein Konzert und lädt dafür auch den Hamburger Schlagzeuger Silvan Strauß mit Salomea und die Münchner Formation ENDERN ein (27.5.).