Wolfgang Ambros am Königplatz München

IN-München-Review: So war’s bei … Wolfgang Ambros

Austro-Rocklegende Wolfgang Ambros spielte am gestrigen Sonntag, den 30. Juni im Musikzelt des Tollwood und wusste hellauf zu begeistern.

So geht’s auch. Ganz in Weiß, wie einst der Man in Black. So funktioniert sogar Schifoan im Sommer. Wolfgang Ambros muss sich nicht neu erfinden, um großartig zu bleiben. Wenn er spricht, scherzt, charmiert, schmilzt ihm das ganze Tollwood-Zelt dahin. Und wenn er politisch ernst wird, dann spitzen die Aufrechten die Ohren. Die Freude an der Wiederkehr war nicht nur seinen treuen Fans anzusehen. Endlich wieder zurück in München. „Könnt nicht besser gehen. Super, super, super“, freut sich der Austro-Crooner, der so lässig am Stehhocker lehnt, dass man gar nicht merkt, wie sehr ihn der Rücken schmerzen muss. 

„Ein wunderbarer Anblick“, sagt er immer wieder und lässt die Familienfeier beginnen, auch wenn’s mit „I drah zua“ eher still, fast zurückhaltend startet. Doch nach dem Dampf- und Grant-Ablassen im „Ignorantenstadl“ ist der selbstverständlich irgendwie immer noch junge 72-Jährige schnell da, wo er sich wohlfühlt – bei den „L’Amour Hatschern“, wie er sagt. 

Wer denn nun eigentlich diese „Bettina“ aus dem gleichnamigen 85er Song war? „So richtig wissen tu’ ich’s auch nicht mehr“, kokettiert er und grinst. Eine lange Nacht sei das gewesen, am Schwimmbecken. Und ein Whirlpool war da auch. Morgens ging’s wieder auseinander. Doch nicht so ganz. Ich schreib’ das auf, sagte sich Ambros. „I vergiss di nie, Bettina“, säuselt’s im Text. 

Dann ein Schluck aus dem Bierflascherl, und es werden alte Freunde besucht: Ray Davies und The Kinks für das herrlich zurückgelehnte Cover „Herumliegen in der Sunn“, gleich danach geht’s zu Bob Dylan, den auch die bestens aufgelegte Band „Die No. 1 vom Wienerwald“ liebt. 

Was München liebt: Ambros spielt natürlich nicht den verschlossenen Robert Zimmerman. Anders als Dylan behält er die Zuschauer immer im Blick, plaudert und flirtet mit ihnen – und auch das Miteinander auf der Bühne, vor allem mit den Sängerinnen hinten, wirkt oft wie Liebelei oder Kabarett. Trotzdem heißt der Song, mit dem es in die Pause geht „Von Liebe ka Spur“. Schmäh hat er. 

Tatsächlich: 15 Minuten Pause hat der Mann, der die Bühne an Nordic-Walking-Sticks verlässt, nicht nur, weil die schon ganz früh zugesagte Super-Zugabe „Schifoan“ natürlich kommen wird, angekündigt. Und das tut dem Abend so gut, wie vermutlich ein Erholungspäuschen auch dem unsäglichen Biden-Trump-Verhaspelduell gutgetan hätte. 

Wieder zurück, geht die Sonne am Sonntagabend dann einfach noch mal auf: „Du bist wie die Wintersunn“. Großes Kino, meint der Ambros wenig später. Und natürlich hat er auch da recht. An die Nieren geht’s zunächst mit dem beklemmend zackig inszenierten „Gezeichnet fürs Leben“, weniger später mit dem einstigen Skandal-Song „Da Hofa“. Und als Gänsehaut-Höhepunkt darf dann natürlich die Obdachlosen-Klage „De Kinettn wo i schlof“ nicht fehlen, die mittlerweile auch alle Ambros-Spätberufene aus der meisterlich grindigen Jukebox-Version mit Nicholas Ofczarek in der Sky-Serie „Der Pass“ kennen.  

Zurück zur viel beschworenen Heiterkeit, die in Wien gerne bitter schmeckt: Mit „Die Blume aus dem Gemeindebau“ hat Ambros dann wieder die Herzen ganz nah bei sich. Und dass der Saal bei „Zwickt’s mi“ tobt – Ehrensache, eh klar. Als Zugabe geht’s dann, wie zu erwarten, noch auf den „Zentralfriedhof“, der sich beim Routinier nun eine Texthochstufung auf „… über 150 Jahre“ verdient hat. Gefeiert wird selbstverständlich weiter. „Wir kommen wieder“, verspricht Wolfgang Ambros. Und das Singen bei „Schifoan“ übernehmen eh die Fans. So geht Hingabe.