IN-München-Review: So wars bei … The Hellacopters

Die Schwedenrocker liefern einen Abend ab, der von Anfang an den Erwartungen gerecht wird.

Rotorengeräusch. Nah, bedrohlich, anschwellend. Und dann ist der Helikopter, besser natürlich The Hellacopter, gelandet. Roter Nebel auf der Bühne, bevor das erste zackige Riff die heiße Luft zerschneidet. Mit „Token Apologies“ vom neuen Album „Overdriver“, das so vielversprechend gut klingt wie eh und je, setzt der Schock, die Freude, der Rausch ein. Der Rock’n’Roll kickt ein. Die vielen nicht immer ganz so jungen „Turbojugend“-Kuttenträger reagieren wie elektrisiert. Der Schwedenkracher faucht durch die Muffathalle. 

Es ist der Abend, der von Anfang an den Erwartungen gerecht wird. Schon länger hatten sich die 1994 gegründeten, zwischenzeitlich aufgelösten und seit 2016 wieder forsch durchgestarteten harten, punkigen Sleazerocker aus Stockholm, wo seinerzeit mit Turbonegro, Backyard Babies und Gluecifer gleich mehrere, teilweise eng miteinander verwachsene Bands aufschwammerlten, nicht mehr sehen lassen. Jetzt fühlt es sich so an, als wären Frontmann Nicke Anderson und seine Kumpel nie weg gewesen. 

(c) Rupert Sommer

An den blonden Haaren des Sänger-Gitarrist-Songschreibers unter der dunklen Schirmkappe kann man gut ablesen, wie schnell in dieser Nacht Energie verstoffwechselt. Sieht das anfangs noch kurz aus wie ein junger Otto-Waalkes-Look, kleben ihm bald schon die Strähnen am Hals. Die Halle schwitzt, tobt, tanzt. Bierbecherfontänen erhöhen die Luftfeuchtigkeit zusätzlich. Und die Band jagt durchs Repertoire. Für die Frage nach einem Tempowechsel hat man bei den teuflisch schnellen Hellacopters schlicht keine Zeit.

Erst beim dann schon neunten Song, bei „Everythin’s on T.V.“, dem lässig federnden Boogie-Blues vom 2005er-Album „Rock’n’Roll is Dead“ – stimmt natürlich ganz und gar nicht! –, nimmt Anderson den Gang kurz raus. Und schon hat er den ganzen Saal um den Finger gewickelt. Kurz mal sogar fast folkig wird’s bei „No Song Unheard“, einem Song, für den sich sogar Tom Petty in die Halle hätte verirren können. Er wäre verblüfft gewesen und hätte die Hüften gewogen. Es ist die erste kurze Verschnaufpause. Doch der Abend wird lang. 

Dann plötzlich fällt der Bühnenvorgang für das ikonische Cover der noch immer stärksten Platte: Mit „By the Grace of God“ explodiert der Saal. Bewegung. Fäuste. Schreie. Blitze. Liebe! Jetzt wird wieder Energie produziert im alten Wasserkraftwerk an der Isar. 

(c) Rupert Sommer

Nicht ganz so leicht, im Anschluss mit „(I Dont’t Wanna Be) Just a Memory“ den Faden wieder aufzupicken. Doch dann kommt die Band mit Anders Lindström an der zweiten Gitarre, Urviech Dolph DeBorst am Bass und angetrieben vom mitsingenden Doppelherz-Schlagzeuger Robert Erickson wieder in die Spur – und nimmt erneut Fahrt auf. Die Fingerfertigkeit an den Saiten lässt nicht nach, die Menge stampft mit.

„Does it feel like a Tuesday?“, fragt dann Sänger Nicke am Kar-Dienstag vor dem langen Osterwochenende selbst ziemlich baff in die Runde – und liefert die Antwort natürlich selbst: „This is Saturday in my book.“ Stimmt eh.

Es ist die sympathisch zugewandte Art, die den Unterschied macht. Und das Augenzwinkern. The Hellacopters lassen keine Klischees aus – nicht das Maschinengewehr-Anlegen mit dem Gitarrenhals ins Publikum, nicht das In-die-Knie-Gehen und das Saiteninstrument-in-die-Höhe-Bohren und schon gar nicht die Windmühlen-Arme beim Anschlagen. Und trotzdem bleibt alles humorvoll und gut – noch ganz weit weg vom Klamauk.

Irgendwann doch macht sich Erschöpfung breit. Aber der Zugabenblock bleibt stramm auf Kurs – angefeuert vom ersten Zurück-auf-der-Bühne-Hit „In the Sign of the Octopus“, für das noch einmal ein schöner Vorhang entrollt wird. „I’m in the Band“ ist dann der ganz schnelle Rausschmeißer, bevor mit „(Gotta Get Some Action) Now!“ wirklich Schluss ist. Die Ohren klingeln. Ins vorgezogene Osterläuten mischen sich wieder Rotorengeräusche. Der Hellacopter fliegt weiter.

Ebenfalls zur Sache ging es bei Traumhaus aus Holland