Die Ärzte luden am 4.6. im Rahmen der „Konzerte vor den Konzerten“ ins intime Halbrund der Theaterfabrik und kümmerten sich dort um den Rrrock!
Zunächst mal… Kann man gediegen-passender zu einem Konzert von den „Die Ärzte“ – wie ich es in der Überschrift gern geschrieben hätte, es mir dann aber doch verkniffen habe – fahren als im 154er Bus mit der Endhaltestelle WESTERLANDanger? Wahrscheinlich schon, so war’s aber auch schön.
BelaFarinRod aus Berlin („aus Berl…“ eh klar) hatten zu einem von zwei „Konzerten vor den Konzerten“ geladen. Heißt: im „kleinen“ Rahmen der Theaterfabrik wurden vor 1.000 Fans Set und Songs ausprobiert, die am kommenden Wochenende bei Rock im Park und Rock am Ring vor größerem Auditorium zu Gehör gebracht werden sollen.
Und was für Songs waren das nun? Na, sauviele halt; Wie immer: In 2 Stunden und 45 Minuten ging es quer durch den Riesen-Katalog der Super Drei. Schon mit leichter Betonung der Schaffensphase ab 2007, aber auch von davor gab es schöne Überraschungen.
So wurde nach den ersten drei Songs („Ein Lied Für Dich“, „Lied vom Scheitern“, „Tamagotchi“), bei denen je Farin, Bela und dann Rod am Lead-Gesang waren, der Klassiker „Zitroneneis“ dargeboten. Da sich Farin U. fürs Intro des mir so lieben Songs jedoch im gefährlichen „Von-oberhalb-des-Griffbretts-Rumpluckern“-Fingerstyle versuchte und in dieser Technik schließlich scheiterte, musste das Lied, das ich in diversen Gesprächen meiner bis dato 35 Jahre währenden Existenz unzählige Male nicht weniger als mein „Lebenslied“ genannt hatte, abgebrochen werden, was eine klaffende Wunde in mir aufriss, deren Heilung ich für unmöglich befand, bis sie das Lied direkt einfach nochmal von vorn begannen – diesmal normal gespielt – und’s mir wieder supi ging! <3
Im Ernst: Das war schon sehr schön. Und solche Momente gab es für Ärzte-Aficionados einige. Mit „Trick 17 m.S.“ und seinem den ganzen Saal in wonniger Todessehnsucht einenden Chorus hatte ich genau so wenig gerechnet, wie mit „Herrliche Jahre“ (was für eine wohlig-ironische Hymne an das Leben; die Gitarre hätte vielleicht ein bisschen lauter sein können, aber hey…) oder dem so gut realistisch schwärmenden und doch vagen „Für uns“. Dass sie zwischendrin immer mal wieder Texthänger hatten… Geschenkt. Das Publikum wusste stets unter die Arme zu greifen und natürlich wurde das auch auf der Bühne ironisch thematisiert.
Das ist eh der Aspekt einer Ärzte-Konzert-„Kritik“, der mir schon im Vorfeld irgendwie zu schaffen machte: Wie bringt man den Lesenden diese wunderbar spontanen Gespräche und Improvisationen näher, die Teil eines jeden DÄ-Konzerts sind? „Da hat der Farin gesagt: […] und dann -ey, das war so krass- da hat der Bela dann direkt drauf gesagt: […] und dann hat auch mal der Rod gesagt: […]“
Hm, könnte klappen, aber neee… Seid euch einfach gewiss: es war oft schon hart lustig. Dass es einfach quasi-erklärtes Ziel der Musiker ist, die anderen vor Publikum durch Gspasettln aus dem Konzept zu bringen, ist nur noch reizend und hat sich auch nach mehrmaligen Konzertbesuchen null abgenutzt.
Da wurde in „Our Bass Player Hates This Song (Demokratie)“ kurzerhand gesungen „Er ist vielleicht der schönste Bassist der Galaxie“, dann wurde ne witzige Rammstein-Parodie in „Die Banane“ eingeflochten, später „Help“, ja, das Beatles-„Help“, in so ner Art Laibach-Version dargeboten. An Spontaneität mangelte es -weiß Gott, also eben BelaFarinRod- nicht.
Zwischendrin haben die (halt eigentlich wohl eher überhaupt nicht) toxischen Wonneproppen von eben „toxischer Männlichkeit“, „kultureller Aneignung“ und solchen Buzzwords gesprochen. Dass da nicht jeder Spruch hundertprozentig sitzt… ebenso: Geschenkt! Ich bin aber auch n weißer Cis-Typ zwischen 25 und 60; mir liegt die Welt zu Füßen und ob ich in dieser Eigenart den Ärzten, die seit über 40 Jahren gegen Mackertum, Rassismus usw. anmusizieren, zuschreiben darf, dass sie nicht „problematisch“ sind…? Schon schwierig.
Genug des Kampfes gegen einen von mir fingierten Strohmann mit mahnendem Zeigefinger: Es geht ja auch um Musik. Das können „die ulkigen pulkigen“ auch. Bei „Himmelblau“ wurde der Autor trotz intensiver Songkenntnis echt überrascht, von der bescheiden-zurückgenommenen Strophe und der emotionalen Wirkung, die sie in ihm entfaltete. Ähnlich die Farin-Akustik-Nummer „Leben vor dem Tod“. Geilster Headbang-Rrrock-Moment war für mich „Anti-Zombie“, wo sie die Hörer aber sowas von mit ner Ladung Schwermetall verwööööhnen. So laut hätten die Gitarren ruhig öfter sein können, aber hey…
„Aber Franz, „Friedenspanzer“ war doch auch super! Und wie sie direkt nach dem Demokratie-Song die Stimmung durch „Punkbabies“ so hart umgewandelt haben! Und der Schluss mit „Dauerwelle vs. Minipli“. Das war auch cool!“ – Ja, war alles geil, stimmt total.
Ich sag mal so: Wer zu den anstehenden Festivalkonzerten oder heut Abend nach Stuttgart aufs zweite Konzert vor den Konzerten fährt, kann sich freuen: Auf drei Stunden, Musik, Humor, Liebe und Frieden und so. (Ach ja, „Hurra“ ham sie auch gespielt. Ging gut ab.)