Kühle Minimalisten und beseelende Sammler – Der März stellt Freunde der elektronischen Musik vor knifflige Fragen, hat aber nicht nur im Club-Kontext einige Highlights zu bieten
Womit wir auch schon beim international verehrten Meister seines Fachs wären, denn ein solcher ist Nils Frahm (4. März, Isarphilharmonie) ganz gewiss. Nur, worin eigentlich? Ob man seinen entgrenzenden Klangexperimenten, die er stets mit einem ganzen Gerätepark an Tasteninstrumenten und Synthesizern auf die Bühne bringt, mit dem schwammigen Begriff „Neo-Klassik“ beikommt, sei jedenfalls mal dahingestellt. Sagen wir also einfach, die Nils-Frahm-Musik ist eine tollkühn aus dem Moment heraus geborene Musik mit einem Transzendenz-Potenzial, das in diesem Ausmaß ziemlich einzigartig sein dürfte. Kein Wunder also, dass man seit Wochen nur noch über den teuren Zweitmarkt an Tickets herankommt.
Besser stehen die Chancen da schon für den tollen Indie-Pop, den der österreichische Wahlberliner Tobias Koett als Ant Antic produziert. Am 16. März stellt er in der Milla sein Album „Social Performer“ vor, auf dem er vor dem Hintergrund fein geschliffener elektronischer Texturen in den Gefühlstaumel nach dem Liebesaus eintaucht. Das Schöne dabei: Anstatt in Larmoyanz zu verfallen, geht Ant Antic die Sache eher beherzt und mit einer erfrischend luftigen Soulful- und Funkyness an, die ein wenig an den elektrifizierten Neo-Soul des britischen Produzenten Sohn erinnert.
Mit dessen Sound mag die große Berliner DJ, Produzentin und Labelbetreiberin (BPitch Control, UFO) Ellen Allien wiederum wenig gemein haben – an Tiefe mangelt es ihren Tracks und DJ-Sets jedoch trotzdem nicht. Sei es auf ihrem wohl bekanntesten Album „Orchestra Of Bubbles“, das sie 2006 mit Sascha Ring alias Apparat veröffentlichte, sei es auf ihrer jüngsten zwischen technoider Härte und Trance-Harmonik changierenden Solo-Platte „Auraa“: Stets ist da diese ganz eigene Plastizität und Weite in ihren Produktionen, paradetypisch etwa demonstriert mit ihrer subtil verhämmerten Rave-Nummer „Traum“, die auf „Auraa“ zu finden ist (16. März, Blitz).
Am gleichen Ort zu sehen und doch auf einem ganz anderen Planeten zuhause ist das Linzer Duo Attwenger. Interpretierten Markus Binder und Hans-Peter Falkner ihre Neue Volksmusik anfangs vor allem als gerappte Polka-Punk-Gstanzl mit angezerrter Ziach und scheppernden Drums, so lappt ihr Sound-Spektrum längst auch ins Elektronische hinein. So zum Beispiel auf ihrem aktuellen Album „Drum“, auf dem die beiden wieder ihren ganz eigenen Dialekt-Kosmos zwischen hintersinniger Gesellschaftskritik und der reinen Lust am sprachlichen Flow entfalten (21. März, Blitz).
Bleibt zum Abschluss noch ein Ausflugstipp nach Rosenheim. Dort legt am 23. März im Jazzclub Le Pirate mit dem Freiburger Rainer Trüby nämlich einer aus der Familie des Münchner Compost Labels auf, dessen immense Plattensammlung voller Raritäten so ziemlich alles an Genres abdeckt, was man sonst gar nicht mal mehr so oft im Club-Kontext zu hören bekommt. Vom Downbeat bis zum Nujazz. Vom Soul bis zur Disco Music. Vom Bossa Nova bis zum Deep House. Und von dort aus weiter in alle möglichen Nischen des internationalen Wohlklangs. Erlesene musikalische Seelenwärme in finsteren Zeiten, da kann man schon mal rüber nach Rosenheim fahren.