Afrob zeigt Haltung, girl in red schafft einen musikalischen Safe Space, Mudhoney bleiben einzigartig und Elliphant singt über ihre Mutterschaft
Rah Digga (Outsidaz, Flipmode Squad) ist bekannt für ihre heisere Stimme und ihre bissigen Pointen. Das AllMusic Magazin bezeichnete sie dereinst als „eine der prominentesten weiblichen MCs im Rap“ und in Paul Edwards HipHop-Fibel „How to Rap“ ehrt dieser sie als „eine der fähigsten MCs“ der internationalen Szene. Den Support übernimmt der Produzent und Rapper Maniac aus Regensburg. (1.9. Milla)
Es war im April dieses Jahres, als Axxis ihre Demission bekannt gaben. Mit ihrem soeben erschienenen Album „Coming Home“ und der dazugehörigen Tour zum 35. Bandjubiläum, soll es nun also genug sein. Ein Jammer! Und der Aufschrei war natürlich groß: „Adieu, Servus und auf Wiedersehen! Axxis klappen den Deckel zu in einer Welt, in der sie sich angesichts von KI, Fakenews, Krieg, Hass und Zerstörung nicht mehr wirklich heimisch fühlen“, stand etwa im Metal Hammer. Konsequent kann man das nennen, aber Schwermut ist nicht angesagt. Also: Wir werden die engelsgleiche Stimme von Bernhard Weiss vermissen und überhaupt ihre Version des wohltemperierten, epischen Hard Rock sowieso. Macht‘s gut ihr Lieben! Support kommt von: Freedom Call. (5.9. Backstage Werk)
Eddin hat ein Talent, das nicht viele haben: Es gelingt ihm immer wieder aufs Neue, große Gefühle, die jeder schon mal erlebt hat, mit wenigen Worten perfekt auf den Punkt zu bringen. Durch die lässige Melange aus Leichtigkeit und Schmerz bieten seine Songs Identifikation und Deepness, ohne dabei schwer verdaulich zu sein. Das dürfte in erster Linie daran liegen, dass Eddin sich niemals scheut, Genre-Grenzen zu überschreiten und auf einem technisch hohen Niveau mit seiner Stimme zu spielen. (6.9. Backstage Werk)
Die Einstürzenden Neubauten schauen mit ihrem neuen Album „Rampen (apm: alien pop music)“ vorbei. Was 1980 in Berlin seinen Anfang in ungestümen Noise-Konstruktionen nahm, durchlief zahllose Metamorphosen und darf auch heute noch als Speerspitze der „Avantgarde“ bezeichnet werden. Um zu vermeiden, dass das eindrucksvolle Werk die Band überflügelt, setzen sich Blixa Bargeld und Gefolge stets neue künstlerische Ziele. Immer ein Erlebnis! (6.9. Muffathalle)
Sarah und Steph Snyder sind Deer Park Avenue. Aber für wen schreib ich das? Sind ja hier bei uns längst keine Unbekannten mehr. Aber gut, sollte es doch noch jemanden geben, die/der die letzten Jahre im Schrank gelebt hat, bittschön: Deer Park Avenue machen einen feinen Mix aus Indie, Rock, Pop und Folk. Die beiden Schwestern (ursprünglich aus Kalifornien) wuchsen in einem Kaleidoskop der Kulturen auf, zwischen den USA und der Schweiz, mit einem indischen Erbe mütterlicherseits und einem Surf-Rock-Hintergrund durch ihren Vater. Die melodischen Songs sind vollgepackt mit süchtig machenden Hooks und roughen Sounds. (6.9. Feierwerk)
Wer in den Nuller Jahren Herman Dünes Album „Not on Top“ in die Finger bekam, den ließ es so schnell nicht mehr los. Neben Musikern wie Adam Green, Calexico oder Giant Sand prägten Herman Düne Americana und Anti-Folk dieser Zeit. Doch trotz der großen Erfolge schlägt Stanley Brinks’ (aka André Herman Düne) Herz weiterhin in den Bars und auf den Straßen. Und exakt hier verbindet ihn eine langjährige Komplizenschaft mit der Poetin, Tagträumerin und Chanteuse Clemence Freschard. Zusammen zaubern sie spätnächtliche Balladen und herrliche Mitsing-Lieder, zu denen es nichts weiter braucht als ein Lieblingsgetränk, ’n bisschen Zeit und einen lauen Spätsommerabend. (8.9. Import Export)
Die Geschichte der Stockholmer Electro-Musikerin Elliphant ist voller Überraschungen. Es ist das Narrativ eines ungezähmten, freien Geistes, der auf seinem Weg zahlreiche wilde, womöglich unberechenbare musikalische Begegnungen in Kauf genommen hat. Stolz kann sie mittlerweile auf mehrere Alben verweisen, hat mit einigen Stars (David Guetta u.a.) gearbeitet und sich bei einer Reihe der angesehensten Festivals den Allerwertesten aufgerissen um ihr Publikum zu bespaßen. Jetzt – frisch gebackene Mama – reflektiert sie auf ihrem aktuellen Album „TROLL“ die durch ihre Mutterschaft gewonnenen Erkenntnisse. Alles in allem eine reife Leistung. (9.9. Import Export)
Post-Rock im gehaltvollen Doppelpack: EF aus Göteborg triumphieren mit intensiven, gefühlsgeladenen Instrumentalstücken, die gekonnt zwischen nordischer Melancholie, Indie-Rock und kurzen, energiegeladenen Hardcore-Ausbrüchen changieren. Als Co-Headliner fungieren die nicht minder empfehlenswerten Schweizer Genre-Legenden Leech. (10.9. Feierwerk)
Seitdem vier Highschool-Freunde die Band The Shivas 2006 gründeten, ist – nun ja – so manches passiert. So haben sie ihre (be)rauschende Rock’n’Roll-Tanzparty in fast allen 50 vereinigten Staaten sowie über 25 weiteren Ländern auf der ganzen Welt zur Aufführung gebracht. Inzwischen haben sie acht Alben, sowie unzählige EPs und Singles auf verschiedensten Labels veröffentlicht. In Fachkreisen werden sie nicht zuletzt deshalb auch als „the hardest working band in show business” bezeichnet. Tierisch gut, all das! (13.9. Feierwerk Kranhalle)
„We fell in love in October“ singt girl in red, und knackt damit aber locker mal die Milliarden-Schallgrenze im Streaming. Ein schöner Song, unaufdringlich, gar nicht so hit-mäßig wie man meinen sollte. Aber genau das macht die Norwegerin Marie Ulven so sympathisch. Sie ist nicht nur eine der Stimmen der jungen queeren Community, sondern auch ein Symbol für Authentizität und Selbstakzeptanz, die ihre eigene Coming-Out-Geschichte und ihre Musik zu einem Safe Space für viele gemacht haben. (18.9. Zenith)
Mein Tipp des Monats: The Grogans aus Australien sind bekannt als eine der überragenden genreübergreifenden Bands in Down Under. Die drei Jungs aus Melbourne gründeten sich 2016 während der High School und haben mit jedem Release ihr herausragendes musikalisches Können unter Beweis gestellt und dabei sowohl Blues als auch Surf, Garage Rock, Punk und Psychedelic berücksichtigt. Da The Grogans also in keine Schublade so richtig passen wollen, dürfen sich hier Indie-Nerds aus allen Richtungen angesprochen fühlen. Just writin’… (21.9. Feierwerk Kranhalle)
Mit ihrem morbiden Konzept, fernab von Kriegsverherrlichung und industrialisiertem Sterben, gehen die Bamberger Death Metaller Kanonenfieber für ihre Songs in die Archive und in längst vergessene Korrespondenzen zwischen Soldaten und den Lieben in der Heimat, um dem namenlosen Grauen ein Gesicht zu geben. Jeder Song basiert „textlich auf wahren Begebenheiten“ und erhält zudem eine persönliche Note, um den Wahnsinn des Krieges in unser Bewusstsein zu bringen. Fürwahr harte Kost. In Zeiten von Ukraine, Gaza, Taiwan und am Vorabend eines (wenngleich unwahrscheinlichen aber durchaus möglichen) 3. Weltkrieges ein stets polarisierendes, dennoch aber beeindruckendes Statement. Es heizen ein: Mental Cruelty und Antrisch. (21.9. Backstage Werk)
Egal ob moderne Ohrwürmer oder ikonische Pop-Hits, ob Klassiker aus Jazz, Swing, Doo-Wop oder Motown, bei Scott Bradlee sind sie allesamt bestens aufgehoben. Als der Pianist das Musikkollektiv Postmodern Jukebox in einer Kellerwohnung in Queens, New York, ins Leben rief, war eine „virale” Online-Erfolgsgeschichte geboren. So put on your dancing shoes. (21.9. Circus Krone)
Kaum ein Sänger hat die Musikgeschichte so geprägt wie Freddie Mercury. Der gelernte Bariton konnte aber die verschiedenen Register seiner Stimme karriereübergreifend in vielfältiger Weise ausloten und sollte so Rockgeschichte schreiben. Der kanadische Sänger Marc Martel wiederum lässt nun die Legende gesanglich wieder auferstehen: One Vision of Queen feat. Marc Martel ist eine grandiose Show um die stimmliche Reinkarnation Freddie Mercurys, die ganz ohne Schnurrbart, gelbe Lederjacke oder andere Accessoires auskommt. All jene, denen das wiederum wichtig ist, gehen ja sowieso zum Austrofred. (22.9. Olympiahalle)
Achtung Kult: Es gab eine Zeit in den 90ern, als viele Fans dachten, wenn es eine Band aus der Grunge-Szene ganz nach oben schaffen würde, dann sind das Mudhoney. Dass es dann doch etwas anders kam und Nirvana all den Ruhm erntete, war eine der typischen Volten der Musikgeschichte. Gleichwohl blieb die Band um Sänger Mark Arm und den Gitarristen Steve Turner dran. Im letzten Jahr erschien Album Nr. 11 und live ist das Quartett immer noch eine Klasse für sich. Support: Søwt. (22.9. Ampere)
Mit ihrer gemeinsamen Band haben sich fünf Freunde aus Berlin von der lokalen Punk-Attraktion über die Jahre zu einer der größten deutschen Rockbands entwickelt. Die Rede, respektive Schreibe, ist natürlich von, genau: Beatsteaks. Nach einer kleinen Verschnaufpause meldet sich das Quintett nun wieder zurück. Und, wer noch nicht weiß, was „Beatsteaks live“ bedeutet, der oder dem seien hier ein paar Attribute mit auf den Weg gegeben: Ekstase, Loslösung, Durchdrehen, gemeinsam feiern, kollektive Raserei. Appetit bekommen? Dann nix wie hin, wir sehen uns … (26.9. Zenith)
Daniel Norgrens Musik spiegelt seine persönliche Umgebung und seine Fähigkeit wider, intime Momente und Emotionen einzufangen und in faszinierende Stimmungen klanglich umzusetzen. Ebenso zeichnen sich seine Konzerte durch (s)eine fesselnde Präsenz und die lebhafte Weiterentwicklung seiner großartigen Songs aus. Gefühlvoll-hymnischer Folk für Fortgeschrittene. (30.9. Freiheitshalle)
Seit gut und gerne 25 Jahren steht Afrob nun schon im Rampenlicht und repräsentiert seine Version des HipHop immer noch wie am ersten Tag: echt, frisch, unabhängig. Der 46-Jährige hat die Geschichte des Deutsch-Rap geprägt wie nur Wenige. Dabei ist Robert Zemichiel immer offen für neue Sounds von soulig bis dreckig und seine Texte stets mit Haltung vorgetragen: meinungsstark und tolerant, engagiert und relaxt, ernst und komisch, zurückgelehnt und aktiv gleichermaßen. Alles eben zu seiner Zeit. Und live gehört das „Reimemonster“ sowieso mit zum Besten, was deutschsprachiger HipHop auch 2024 so zu bieten hat. (30.9. Ampere)