Klassik im September: Pult-Prominenz zum Saisonstart

Die ersten Konzerte sind bei Münchens Klangkörpern diesmal Chefsache.

Während Sir Simon Rattle mit dem BR-Symphonieorchester vorerst noch ein wenig auf Tour ist und die letzten Festspiel-Ausläufer mitnimmt, zeigt im HP8 Lahav Shani bereits Anfang des Monats verstärkte Präsenz am Pult der Philharmoniker. Seine erste Saison eröffnet der neue Chefdirigent dabei mit einem der Hausgötter seines Orchesters, Anton Bruckner. Dessen 200. Geburtstag feiert man hier mit einer Aufführung der schicksalsträchtigen Neunten. Als Prolog wird dem höchst spirituellen Werk dabei Johann Sebastian Bachs Klavierkonzert in d-moll BWV 1052, mit dem sich der Allrounder Shani gleich auch als Pianist an seiner künftigen Wirkungsstätte vorstellt. (4./6./8.9. Isarphilharmonie)

Lava Shani (c) Marco Borggreve

Das zweite Konzertprogramm des neuen Philharmoniker-Chefs führt danach ins 20. und 21. Jahrhundert. Mit Musik von Unsuk Chin und Paul Ben Haim, sowie der deutschen Erstaufführung von Michael Seltenreichs „The Prisoner’s Dilemma“. Eingerahmt hiervon erklingt Henri Dutilleux’s „Der Baum der Träume“. Interpretiert von Renaud Capucon, der hier in große Fußstapfen tritt. Wurde das Werk doch niemand geringerem als seinem einstigen Lehrer Isaac Stern gewidmet. (11./12.9. Isarphilharmonie)

Die Stars von morgen messen sich im September wieder im Rahmen des ARD-Musikwettbewerbs, der in diesem Jahr vom 3. bis 15. September in den Fächern Cello, Oboe, Bläserquintett und Gesang aufgetragen wird. Wobei die Vorrunden wie immer bei freiem Eintritt stattfinden und somit reichlich Gelegenheit besteht auch mal spontan in der Musikhochschule oder in den Studios des BR vorbeizuschauen, um seine persönlichen Favoriten zu beobachten. Und wenn nach zwei Wochen die Medaillenränge geklärt sind, kann man die Preisträgerinnen und Preisträger noch einmal an drei Abenden mit ihren persönlichen Lieblingsstücken erleben. Zunächst mit dem Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung von Matthias Foremny (18.9. Prinzregententheater), sowie mit dem Münchener Kammerorchester (19.9. Prinzregententheater), ehe die Erstplatzierten auf das BR-Symphonieorchester treffen, das bei der großen Abschluss-Gala in der Residenz von Hankyeol Yoon dirigiert wird. (20.9. Herkulessaal)

Mathias Foremny (c) SWR

Der Nachwuchs vom Opernstudio der Bayerischen Staatsoper ist am Wochenende danach wiederum beim traditionellen Septemberfest ordentlich gefordert. Hier gibt es neben Tanz- und Chor-Workshops, bei denen Groß und Klein in entspannter Atmosphäre selbst Bühnenluft schnuppern können, auch zahlreiche kleine Konzerte zu erleben. So unter anderem Klaviermusik in der Rheingold-Bar, Jazz und Kammermusik mit den Mitgliedern des Staatsorchesters, sowie Lieder- und Arienprogramme mit Solisten wie Tansel Akzeybek oder Michael Nagy. (21./22.9. Nationaltheater, Cuvilliés-Theater & Fünf Höfe)

Ein wenig aus dem Rahmen fällt dagegen der Saison-Auftakt von Sir Simon Rattle. Würde man die im Herkulessaal angesetzte „Matthäus-Passion“ doch normalerweise eher zur Osterzeit erwarten. Andererseits braucht es für eine Aufführung von Johann Sebastian Bachs Meisterwerk weder einen besonderen Anlass noch eine Ausrede. Dafür ist seine Musik einfach zu gut. Und in gewisser Weise waren der BR-Chor und das BRSO diese Aufführung ihrem Publikum auch noch schuldig. Schließlich wurde das ursprünglich in dieser Konstellation geplante Konzert zu Pandemie-Zeiten einst gerade mal eine Stunde vor Vorstellungsbeginn kurzfristig abgesagt. Drei Jahre später sind nun wieder alle versammelt. Mark Padmore asl Evangelist ebenso wie Georg Nigl als Christus und ein handverlesenes Solo-Quartett. Dieses rekrutiert sich aus Camilla TillingMagdalena Kožená und Andrew Staples, sowie Bariton Roderick Williams, der sich spätestens durch seinen Aufritt bei der Krönung von King Charles III. einen Namen bei Klassikfans rund um den Globus machte. (26./27.9. Herkulessaal)

Sir Simon Rattle (c) Oliver Helbig

Münchens Orchester mit der höchsten Dirigentinnen-Quote bleiben nach wie vor die Philharmoniker. Die erste die in dieser Spielzeit ans Pult tritt ist Karina Canellakis, deren Debüt einst ebenfalls von der Pandemie in ein gestreamtes Geisterkonzert verwandelt wurde. Für den aktuellen Anlauf hat sich die Chefin des Niederländischen Radio Filharmonisch Orkest nun Beethovens Fünfte. Die berühmte „Schicksalssymphonie“, der als Eröffnungsstück die „Egmont“-Ouvertüre vorangestellt wird. Den Gegenpol dazu bildet erste Cello-Konzert von Dmitri Schostakowitsch, für das man mit Pablo Ferrández einen Preisträger des 15. Internationalen Tschaikowsky Wettbewerbs verpflichten konnte. (27./.28.9. Isarphilharmonie)