Harfen Virtuose: Xavier de Maistre

Klassik im Juni: Musikalische (Zeit-)Reisen

In Münchens Konzertsälen ist mit beiden Seiten des Atlantiks für Abwechslung gesorgt

Die Nachtmusik des Münchener Kammerorchesters in der Pinakothek der Moderne genießt längst einen Kultstatus und hat eine treue Fangemeinde, die hier zeitgenössische Komponisten und Komponistinnen in Portraitkonzerten näher kennenlernt. Hin und wieder widmet man sich dabei aber auch den Wegbereitern der Moderne. So wie nun etwa dem 1962 verstorbenen Hanns Eisler. Der Querschnitt durch sein reiches musikalisches Schaffen beginnt hier mit der Orchester-Suite zu „Niemandsland“. Einem 1931 entstandenen Film, der die Sinnlosigkeit des Krieges thematisiert und damit leider bis heute nichts von seiner Relevanz verloren hat. Im Anschluss daran wird Bariton Holger Falk neben den „Ernsten Gesängen“ des Komponisten ebenfalls noch Auszüge aus dessen „Hollywood”-Liederbuch gestalten. Die Gesamtleitung des Abends liegt in den Händen von Dirigent Bas Wiegers. (8.6. Pinakothek der Moderne)

Als Statement gegen Gewalt und politische Willkür lässt sich am selben Abend ebenfalls das jüngste Projekt des Jewish Chamber Orchestra lesen, das gemeinsam mit den Kammerspielen Philip Glass‘ Kafka-Vertonung In der Strafkolonie auf die Bühne bringt. Eine eindringliche Kammeroper, für die sich Chefdirigent Daniel Grossmann zwei Nachwuchs-Sänger aus dem Studio der Staatsoper ins Boot geholt hat, die auf der anderen Seite der Maximilianstraße bereits des Öfteren haben aufhorchen lassen: Bariton Vitor Bispo, der den erbarmungslosen Kommandanten verkörpern wird, und seinen Tenorkollegen Liam Bonthrone in der Rolle des neutralen aber emotional keineswegs unbeteiligten Beobachters (9./10.6. Kammerspiele)

Neuen Herausforderungen stellt man sich aber auch am Gärtnerplatz, wo das Orchester zwischen Operetten- und Musical-Diensten wieder einmal einen Ausflug ins sinfonische Repertoire unternimmt. Unter Stabführung von Rubén Dubrovsky steht hier Dvořáks Neunte „Aus der neuen Welt“ auf dem Programm. Ein Stück, das ebenso von Reise-Eindrücken geprägt ist, wie die „Sinfonia concertante“, die Joseph Haydn 1792 während seiner ersten London-Reise zu Papier brachte. Während die volkstümlichen Klänge, die das „Divertimento“ von Béla Bartók durchziehen, nach seiner erzwungenen Emigration ein bewegendes Dokument seiner Heimatverbundenheit darstellen. Als besonderes Schmankerl erwartet das Publikum im Anschluss ans Konzert schließlich noch original slawische Volksmusik, mit der man den von Orchestermitgliedern mitgestalteten Abend im Foyer schwungvoll ausklingen lassen kann. (11.6. Gärtnerplatztheater)

Grund zum Feiern gibt es aktuell auf Schloss Nymphenburg, wo der beliebte Kammermusik-Sommer dieses Jahr sein 20. Jubiläum begeht. Wie gewohnt mit einer spannenden Mischung aus prominenten Namen und hoffnungsvollen Talenten, die das Organisationsteam bei international renommierten Wettbewerben aufgespürt hat. So unter anderem Cellist Arne Zeller, der gemeinsam mit Simon Haje am Klavier Sonaten von Ludwig von Beethoven aufführen wird. (13.6. Hubertussaal)

Der Duo-Abend der beiden eröffnet damit quasi einen inoffiziellen Schwerpunkt innerhalb des Festival-Programms. Denn bereits zwei Tage später wird sich auch das Leipziger Gewandhaus-Quartett bei seinem Gastspiel ausgewählten Werken des Komponisten annehmen. (15.6. Hubertussaal)

Kontrast lautet dagegen das Zauberwort beim Harfenvirtuosen Xavier De Maistre, der sich im Juni bei seinen Münchner Fans zurückmeldet. Im Rahmen einer sonntäglichen Matinee lockt er mit Transkriptionen von Ohrwürmern wie Smetanas „Moldau“ oder Debussys „Clair de Lune“. Wobei mit Sophia Dussek und Henriette Renié aber auch zwei interessante Komponistinnen vertreten sind, deren Werke es verdient haben, nach den einstigen Erfolgen endlich wieder im Repertoire Einzug zu halten. (16.6. Prinzregententheater)

An die musikalischen Streifzüge des Gärtnerplatz-Orchesters lässt sich danach wieder mit den Münchner Symphonikern thematisch anknüpfen. Denn in der nächsten Runde der Hörbar steht hier mit der Symphonie 104 ein gern gehörter Klassiker auf dem Plan, dessen Uraufführung während Joseph Haydns zweitem London-Aufenthalt zu einem beispiellosen Triumph für den Verfasser wurde. Im ersten Teil des von Daniel Finkernagel moderierten Konzerts gibt es zunächst jedoch noch einen Ausflug in baltische Regionen, wenn Dirigentin Izabelė Jankauskaitė für die „Musica Serena“ des lettischen Komponisten Pēteris Vasks ans Pult treten wird. (20.6. Technikum)