Cornelia von Kerssenbrock dirigiert Mahler und Gershwin

Klassik im August: Alles andere als leise

Der Konzert- und Opernsommer lockt mit spannenden Raritäten

Vielfältig präsentieren sich die musikalischen Highlights, mit denen sich Klassikfans die Zeit im August vertreiben können. Mögen die großen Orchester der Stadt nach den Open Air-Spektakeln am Odeonsplatz oder im Brunnenhof auch ihren Urlaub angetreten haben. Doch gerade im Bereich der Kammermusik lässt sich die eine oder andere Entdeckung machen. So unter anderem im Schlosshof der Blutenburg. Hier enden die traditionellen Sommerkonzerte mit einem Abend des Turina Piano Quartett. Vier junge Musikerinnen und Musiker aus Deutschland, Italien, Taiwan und den Niederlanden, die während dem Studium in Luzern zueinandergefunden haben und seither gemeinsam ihrer Leidenschaft fürs Quartettspiel nachgehen. Neben Musik des Namenspatrons Joaquín Turina steht mit der „Suite Populaire“ von Manuel de Falla ein weiterer Titan der spanischen Musikgeschichte auf dem Programm. Herzstück des Abends ist jedoch einer der großen Dauerbrenner des Repertoires, das Klavierquintett op. 25 aus der Feder von Johannes Brahms. (1.8. Blutenburg)

Fündig wird man bei der musikalischen Freizeitgestaltung aber keineswegs nur im kleinen Format. Dafür sorgen Chor und Orchester der Musikakademie der Studienstiftung des Deutschen Volkes, die sich in der nach wie vor auf ihren Umbau harrenden alte Philharmonie für eine spannende Mahler-Rarität zusammenfinden. „Das klagende Lied“ trägt im Werkverzeichnis des Komponisten die Opuszahl 1 und lässt bereits vieles vorausahnen, was Mahler später in seinen monumentalen Sinfonien realisieren wird. Am Pult steht Dirigent Martin Wettges, sein Solistenensemble wird im Sopran von Karola Pavone und Mechthild Bach angeführt und ermöglicht in Gestalt von Tenor Thaisen Rusch unter anderem auch die Wiederbegegnung mit einem ehemaligen Publikumsliebling aus dem Augsburger Staatstheater. (4.8. FAT CAT, ehemaliger Gasteig)

Mehr Mahler gibt es dazu auch beim Opernfestival auf Gut Immling, wo sich die für ihre künstlerischen Verdienste jüngst vom Bayerischen Landesvater geehrte Dirigentin Cornelia von Kerssenbrock mit ihrem Orchester an die Fünfte Sinfonie des Komponisten wagt. Ein Werk, das vor allem durch sein berühmt gewordenes Adagietto selbst bei weniger Klassik-affinen Zeitgenossen Wiedererkennungswert von der Kinoleinwand haben dürfte. Zur Seite gestellt werden ihm zwei absolute Meisterwerke von George Gershwin. Die jazzig swingende „Rhapsody in Blue“, deren mitreißende Rhythmen einem ebenso in die Beine fahren dürften, wie die Streifzüge des „American in Paris“. (10.8. Gut Immling)

Zu einer kleinen Landpartie versucht man das Publikum am gleichen Tag ebenfalls im Kloster Seeon zu überreden, wo sich das langjährige Münchner Staatsopern-Ensemblemitglied Kevin Conners als Liedinterpret beweisen will. Ausgesucht hat sich der 2005 zum Bayerischen Kammersänger ernannte amerikanische Tenor dafür mit Schuberts „Die Schöne Müllerin” einen der wohl bekanntesten Zyklen des Repertoires, bei dem er von Pianistin Ane Schätz am Flügel begleitet wird. (10.8. Festsaal Kloster Seeon)

Benachteiligt fühlen müssen sich aber auch die Münchner Opernfans nicht, die wieder einmal auf zwei der führenden freien Ensembles bauen können, die bei ihren traditionellen Sommerproduktionen in diesem Jahr erneut mit zwei äußerst reizvollen Entdeckungen aufwarten. So präsentiert die Münchner Kammeroper nun auf Schloss Nymphenburg „Die weiße Dame“ aus der Feder des Rossini-Zeitgenossen Francois Adrien Boieldieu. Eine abenteuerliche Geschichte aus den schottischen Highlands mit Liebeswirrungen, Geistererscheinungen und natürlich jeder Menge virtuosen Arien. Die szenische Einrichtung liegt dabei in den bewährten Händen von Regisseur Dominik Wilgenbus, das Arrangement und die musikalische Leitung übernimmt Aris Alexander Blettenberg. (ab 24.8. Hubertussaal, Schloss Nymphenburg)

Diesem französischen Kleinod setzt die Opera Incognita mit Tschaikowskys „Mazeppa“ ein Werk entgegen, das in der aktuellen politischen Lage eine besondere Brisanz aufweist. Vertonte hier doch ein russischer Komponist die Geschichte eines ukrainischen Nationalhelden und lieferte damit ein beklemmendes pazifistisches Statement. Man darf also gespannt sein, wie Regisseur Andreas Wiedermann und Dirigent Ernst Bartmann, diesen hierzulande selten zu hörenden Tschaikowsky an einem geschichtsträchtigen Ort wie dem Audimax der LMU auf die Bühne bringen werden. (ab 31.8. LMU Audimax)