Der Filmtipp: „The Last Showgirl“ von Gia Coppola

There she goes again: Franz Furtner über „The Last Showgirl“ von Gia Coppola in unserem Filmtipp des Monats.

Gia Coppola, die Enkelin von Regie-Altmeister Francis Ford und Nichte von Kult-Regisseurin Sophia – soviel Nepotismus-Aufzeigen sei mir hier gegönnt – hat mit „The Last Showgirl“ einen durchwachsenen, aber liebenswerten Film gedreht und zugleich auch einen sehenswerten Coup gelandet. Der Plot: Seit 30 Jahren steht Shelly (Pamela Anderson) in der „Razzle Dazzle Show“ Abend für Abend in Las Vegas als Tänzerin auf der Bühne. Die Vorstellungen, die Kostüme und ihre Showgirl-Ersatzfamilie sind ihr ein und alles. Als das Aus der Show verkündet wird, bricht für sie eine Welt zusammen und sie versucht mithilfe ihrer besten Freundin, der Ex-Tänzerin und jetzt Cocktail-Kellnerin Annette (Jamie Lee Curtis) die letzten Tage bis zur finalen Show mit Würde zu überstehen. Zusätzlich nimmt Shelly Kontakt zu ihrer Tochter Hannah (Billie Lourd) auf, die sie vor vielen Jahren weggegeben hat, und versucht, die vernachlässigte Beziehung zu retten.

So zeitlos die Geschichte, so einfallslos? Teilweise! Besonders die Szenen und Konflikte mit der Tochter scheinen etwas arg am Reißbrett entworfen, erzählt in Dialogen, die manchmal zünden, manchmal repetitiv daherkommen. Gia Coppola scheint das an ihrem Drehbuch erkannt zu haben, und greift daher in die typisch amerikanische Independent-Film-Trickkiste. Die von einer Handkamera eingefangenen grobkörnigen Bilder lassen die Formelhaftigkeit des Skripts oft vergessen und den Film eher als Milieustudie erscheinen. Zudem merkt man, dass Coppola durchaus eine Liebe führ ihre Figuren spürt, die sie auch aufs Publikum übertragen kann. Der größte Trick – und dabei sind wir beim eingangs erwähnten Coup – liegt aber im Casting von Pamela Anderson für die Hauptrolle. In den letzten Jahren durch ihre gänzlich ungeschminkten öffentlichen Auftritte und schlichtweg „coolen“ Aussagen in Interviews positiv ins Rampenlicht zurückgekehrt, darf sie sich hier nach nahezu ausschließlich trashigen Kino- und TV-Produktionen, in denen sie die „Sexbombe“ (haha, was für ein Wort) mimte, das erste Mal als Charakterdarstellerin beweisen.

Das „Was“ und das „Wie“

Diese Versuchsanordnung allein macht den Film sehenswert: Was passiert, wenn eine Person, die weniger für das berühmt wurde, was sie kann, als für das, was sie repräsentierte, plötzlich in die Hauptrolle einer Charakterstudie versetzt wird? Das Was erzählt wird, tritt hinter dem Wie und dem Mit Wem zurück. Wenn Shelly bei einem Casting vortanzt und im Nachklang sexistisch abgelehnt wird, geht es dabei immer auch darum, gerade Pamela Anderson – Ms. Baywatch persönlich – in dieser Situation zu erleben. Darstellerin und Figur vermischen sich in der Rezeption. Das soll aber Andersons Leistung nicht unter den Tisch kehren: Sie spielt Shelly mit hoher Monroe-Stimme (Empfehlung: Im Original schauen!) als Frau, die sich auch nach 3 Jahrzehnten Showgirl-Daseins ein Maß an Unschuld bewahrt hat, aber immer wieder durchblitzen lässt, dass sie von den Widrigkeiten des Lebens auch zu erzählen hat. Das macht gerade im Wechselspiel mit der hier großartig-abgeklärten Jamie Lee Curtis richtig Freude. Ladies and Gentlemen: Pamela is great again!