Adrian Prechtel über „The Apprentice – The Trump Story“ von Ali Abbasi in unserem Filmtipp des Monats. Ab 17.10. im Kino
Wenn es am Anfang eines Films heißt, die dargestellten Personen seien fiktiv und Ähnlichkeiten mit realen Personen zufällig, so dient das einer juristischen Absicherung. Ehrlicher ist da schon: „Basiert auf einer wahren Geschichte.“ Der iranische Regisseur Ali Abbasi spielt dagegen gleich mit offenen Karten: Es geht um die Anfangszeit von Donald Trump (gespielt von Sebastian Stan) in New York und seinen Aufstieg zum Immobilien-, Hotel- und Casino-Milliardär.
Das ist interessant und hier auch schaudernd amüsant. Zwar liegen die Prozesse gegen Trump gerade auf Eis. Aber wenn man gesehen hat, wie durch andauernde Provokationen und Missachtung des Verfahrensrechts das Rechtssystem lächerlich und ad absurdum geführt worden ist, staunt man jetzt im Kino. Denn „The Apprentice“ blickt in das Drehbuch der Methode, verächtlich zu pöbeln und öffentliche Institutionen einzuschüchtern, wovon sich ja auch die AfD leiten lässt. Die machiavellistische Anleitung dazu stammt von einer realen Figur: von Roy Cohn (1927-1986) – einem Rechtsaußen-Rechtsanwalt, Nixon- und Reagan-Berater, Mafiaverteidiger und Mann fürs Grobe – im Film gespielt von Jeremy Strong.
Kurz nach der Weltpremiere in Cannes hatte der Kampf um den kanadisch-dänisch-irisch produzierten Film begonnen, weil Trump ihn unter Verschluss bringen wollte, was nicht gelang. Trump will nicht Mitte der 60er-Jahre als beflissener Azubi und gedemütigter Haustür-Mieteneintreiber der Immobilienfirma seines autoritären Vaters gesehen werden. Und nicht als einer, der anfangs auf dem New-Yorker Society-Parkett linkisch umherstolpert – bis ihn dieser Roy Cohn als Mentor in seinen dubiosen, mächtigen Kreis zieht.
Das Interessante: Es entsteht ein Psychogramm, das gar nicht komplett unsympathisch ist. Der junge Donald ist durchaus charmant, es schaudert ihn sogar vor den Erpressungs- und Einschüchterungsmethoden Roys. Aber er ist fasziniert von der Autorität, der brutalen Konsequenz des diabolischen Roy und der damit verbundenen Aussicht auf Einfluss und Macht. So befreit sich Donald Trump im Film auch in den folgenden zwanzig Jahren von seinem konservativen Vater. Und letztlich verabschiedet er sich auch von Roy Cohn. Trump ist der Zauberlehrling, der meisterhaft die Kontrolle selbst übernimmt. Roy hatte ihm drei Grundregeln eingebläut: Angreifen! Angreifen! Angreifen! Daneben: Leugnen. Und: Eine Niederlage nie zugeben, sondern Sieg behaupten. Das ist die aggressive, rücksichtslose Seite von „Make America great again!“ – übrigens ursprünglich ein Slogan von Ronald Reagan.
Der Film endet 1987, wenn es heißen könnte: „The Winner takes it all.“ Für Cohn ist klar: Ein Winner ist immer ein Haifisch, der alles frisst, was sich ihm in den Weg stellt.
Wenn der rechtskonservative, radikal wirtschaftsliberale Cohn – heimlich schwul – 1987 einsam an Aids zu sterben droht, gibt es nur noch einen, der den Kontakt zu diesem Mann hält, ihn noch einmal anruft und ihn sogar an den Familientisch einlädt, um dessen Geburtstag zu feiern: Donald Trump. Auch wenn diese eigentlich freundschaftliche Szene wieder einen spannenden charakterlichen Haken bei Trump hat.
Adrian Prechtel