Der Filmtipp im August: Viggo Mortensens „The Dead don’t hurt“

Viggo Mortensen, Star aus „Der Herr der Ringe“, hat mit „The Dead Don’t Hurt“ einen wirklich ungewöhnlichen Western gedreht.

Ein Ritter im Wilden Westen … das ist eine ziemlich unerwartete Erscheinung. Immer wieder kommt in diesem Film eine Figur in Ritterrüstung durch den Wald geritten, Sie stammt aus den Träumen und Visionen von Vivienne LeCoudy, einem kleinen Mädchen aus einer frankokanadischen Familie. Und dieser Western-Ritter ist mit schöner Naivität inszeniert, wirkt keine Sekunde pathetisch oder albern. Dem Mädchen wurde von der Mutter oft von Jeanne d‘Arc erzählt, der französischen Nationalheldin.

In San Francisco begegnet Vivienne, nun eine junge Frau, dem dänischen Zimmermann Holger – die Stadt an der Westküste war damals, Anfang der Sechziger des 19. Jahrhunderts, das Tor, durch das Einwanderer aus aller Welt in die USA kamen. Vivienne hat einen glühenden Verehrer in der Stadt, einen Jungen aus reichem Haus, der sie in eine Kunstausstellung einlädt, wo es jede Menge europäischer Gemälde zu sehen gibt … aber dann entscheidet sich Vivienne doch für Holger und zieht mit ihm in die Wüste, nach Nevada, wo er ein Stück Land besitzt. Dort angekommen, ist sie entsetzt, Hitze und Staub, kein Garten und keine einzige Blume: Du lebst wie ein Hund.

Die Blumen sind das zweite überraschende Element in „The Dead Don’t Hurt“, dem zweiten Film, bei dem Viggo Mortensen Regie führte – er schrieb auch das Drehbuch und die Musik und spielt den Holger. Ein richtiger Genrefilm sollte es sein, so lakonisch inszeniert, wie es sich für einen Western gehört – allerdings mit ein paar verzwickten Zeitsprüngen. In der Nähe von Holgers Ranch gibt es eine staubige kleine Stadt, einen Saloon, einen reichen Rancher und seinen fiesen streitsüchtigen Sohn, der die anderen schikaniert und niederschießt.

Viggo Mortensen liebt das Genre und er hat in seinem Film darauf geschaut, dass alle Details stimmen, von den Satteln und Hüten der Reiter bis zu den Lampen im Saloon. Er ist als Aragorn weltberühmt geworden, in der Verfilmung von „Der Herr der Ringe“, danach hat er oft extreme körperliche Erfahrungen gemacht in den phantastischen Filmen von David Cronenberg, einmal spielte er sogar Sigmund Freud. Das Schwert, das der Ritter schließlich Vivienne zeigt – Viggo Mortensen erzählt das in vielen Talkshows –, ist wirklich das des ritterlichen Aragorn, das er mit freundlicher Genehmigung von Regisseur Peter Jackson benutzen durfte.

Der Film ist ein Blick von draußen, auf ein großes amerikanisches Genre, einen dramatischen Abschnitt der amerikanischen Geschichte. Als der Bürgerkrieg zwischen den Nord- und den Südstaaten ausbricht, zieht Holger los für den Norden, es sei seine Aufgabe, sagt er, gegen die Sklaverei zu kämpfen. Vivienne bleibt, sie wird ein Opfer der brutalen, narzisstischen Western-Männerwelt, die beherrscht wird von Korruption und von Terror. Vicky Krieps, bekannt als Kaiserin Sisi im Film „Corsage“, spielt Vivienne, mit einem mädchenhaften koketten Lächeln und einer unerschrockenen Beharrlichkeit. „Eigentlich wollte ich gar keinen Western schreiben“, erzählt Viggo Mortensen, „sondern über eine Frau und ihr Leben, ihre Kindheit, eine Frau mit einem unabhängigen Geist und einem starken Innenleben – meine Mutter hat diese Figur inspiriert.“ Eine Frau, die etwas gegen das Hundeleben macht: Es ist das erste Mal, dass man in einem Western eine Veranda in Blumenschmuck sieht.

Autor: Fritz Göttler