Das Fesch ist ein modernes bayerisches Wirtshaus

Wirtshaus Fesch: Queer & Bier GmbH

Das Wirtshaus Fesch in der Müllerstraße ist ein Treffpunkt (nicht nur) für die queere Community mit gelungener bayerischer Küche 

Hier sind einfach alle willkommen und allein der Gang auf die Toilette beweist es: M/W/D steht an den Türen. Das Fesch hat sich wie der Vorgänger Moro aber nicht nur bei der LGBTQIA+-Gemeinde als Wirtshaus etabliert, auch die heterosexuelle Nachbarschaft schätzt hier den sympathischen Service, das gute Augustiner Bier und die bayerische Küche von Johann Eder, der bereits mit seinem Wirtshaus Eder im Westend für Tradition ohne Chichi steht. Eröffnet haben Peter Fleming, Peter Süß (beide früher Harry Klein), Marlene Neumann (Video-Künstlerin) und Johann Eder die Augustiner Gaststätte nach aufwendiger Renovierung Anfang 2023. Im Grunde ist außer einem modernen, in senf-gelb und grün gehaltenen Farbdesign und den auffälligen Artefakten, u.a. von Karl-GoP (Godfather of Plastic), gar nicht so richtig viel verändert worden – Außenbereich, Gastraum, Nebenzimmer, Holztische und die lange Bar sind geblieben, im hinteren Teil ist ein Stehausschank dazu gekommen, hier kostet bei Selbstbedienung das Helle dann 3,90 Euro statt im Restaurant 4,30 Euro, jeden Freitag gibt es die Holzfass-Halbe für sensationelle 3 Euro. Der Stehausschank wird gerne von der Nachbarschaft auf einen Ratsch und ein schnelles Bier zum Feierabend (ertappt!) sowie von Restaurantgästen als Treffpunkt und Warten auf einen Tisch frequentiert – vor lallenden Boazn-Bremsen wird man hier zum Glück verschont. Man hätte die bunte Gästeschar aus dem Moro immer schon gut gefunden und auch ins Fesch mitnehmen wollen, sagte Peter Fleming schon vor Monaten – das ist mit dem Zusatz von etwas frischem Blut auch durchaus gelungen. 

Die zum Glück überschaubare aber durchaus ausreichend bestückte Karte (dazu kommen ein paar Tagesgerichte und neuerdings von Dienstag bis Donnerstag ein Mittagstisch) bietet alpenländische Küche mit Münchner Einschlag: Rinderkraftbrühe mit Leberspätzle oder Pfannkuchen-Streifen (6,50/5,90 Euro), Obatzda & Kräuterfrischkäse mit roten Zwiebeln, Essiggurken und Krustenbrot (9,90), ein klassischer bayerischer Wurstsalat (10,90) – alle Vorspeisen wurden übers Jahr mehrmals probiert, mitschnabuliert und durchwegs für gut befunden, das Krustenbrot schmeckt sogar solo zum Bier. Als Hauptgericht kann der ofenfrische Schweinsbraten vom bayerischen Strohschwein mit einer schmackhaften und nicht künstlich verdickten Biersoße gut punkten, das Fleisch butterzart, der Semmelknödel von guter Konsistenz und Qualität, auch der Krautsalat sehr ordentlich (17,90). Das Münchner Schnitzel, ebenfalls vom bayerischen Strohschwein (zur Aufklärung: https://ig-bayerisches-strohschwein.de) mit lauwarmem Kartoffel-Endiviensalat und Preiselbeeren (18,90), konnte locker mit jeder „Wiener Art“ und gar manchem Wiener Schnitzel mithalten – die Panade würzig durch die Senf-und Meerrettich-Grundierung, der Kartoffel-Endiviensalat vielleicht mit ein bisschen zu viel Essig statt Brühe, ansonsten fast schon Kindheitserinnerung. Das Ribeye-Steak (ca. 300 gr) mit Kartoffel-Gemüse-Pfanne und Beilagensalat (31,90) war medium gebraten, hatte Biss, war aber nicht zäh, dazu eine große Portion mediterranes Gemüse mit kleinen Kartoffeln in der Schale und einen ebenso üppigen Salat. Hier wäre vielleicht etwas weniger mehr gewesen – zumindest, kleine Anregung, wenn die Küche etwas Chimichurri, Chutney oder wenigstens eine hausgemachte Kräuterbutter dazu reichen würde.

Bei einer Abschiedsfeierlichkeit für unseren ehemaligen Geschäftsführer (Danke für alles, Stefan!) wurde die Lokalität quasi gleich noch in großer Runde einem Test unterzogen und auch die veganen und vegetarischen Gerichte probiert: der große bunte Salat mit abgebräunten Rote-Bete-Maultaschen, gerösteten Nüssen und Himbeer-Senf-Dressing (15,90) changierten in der Wahrnehmung der Kolleginnen und Kollegen von interessant bis eher fad; die hausgemachten Tomatenspätzle mit Pilzen, Gemüse, veganem Käse, frischen Kräuter & Beilagensalat (17,90) kamen dagegen gut an. Vom Schweinsbraten waren alle begeistert, vom Schnitzel auch. Das Kalbsrahmgulasch mit Semmelknödel (21,90) schmeckte wirklich fein wie angekündigt, irritierte aber ein bisschen durch eine intensive orangerote Farbe, die man eher einem Vindaloo-Curry zuordnen würde, der Knödel dazu vielleicht etwas rustikal, hat aber ebenfalls gut geschmeckt. Nachspeisen wurden leider keine probiert, es war schließlich ein Partyfass auszutrinken (20 Liter, 170 Euro auf Vorbestellung), der Schnaps ging aufs Haus. 

Fazit: Solche Wirthäuser sollte es mehr geben – Queer & Bier GmbH ist der Name der Firma und Programm: Hier wird Offenheit gelebt und wirklich gut gespeist und getrunken. Der junge Service höchst aufmerksam und sympathisch, auch wenn es ein bisschen stressig werden kann bei Vollbetrieb. Vielleicht ein bisschen Finesse-Feintuning in der Küche hier und da, die bayerischen Klassiker rechtfertigen aber bereits jeden weiteren Besuch! 

Rainer Germann

Fesch Wirtshaus & Stehausschank
Müllerstraße 30
80469 München
Tel.: 089/23 00 29 92
Di-Do: 11.30 bis 24/Fr-So: 17 bis 1 Uhr
www.wirtshaus-fesch.de