Restaurant Florio: Schönheit des Einfachen

Das neue Restaurant FLORIO im The Charles Hotel zelebriert die Philosophie der italienischen Kochikone Fulvio Pierangelini auf hohem Niveau

Kollege Wulkow durfte schon einmal probieren bei einem Eröffnungsevent, nun kam auch der Autor dieser Zeilen bei einem Presselunch in den Genuss des italienischen Küchenkonzepts: Die Hotelgruppe Rocco Forte lanciert in München mit dem Florio ein weiteres Restaurant, das von der Philosophie der italienischen Kochikone Fulvio Pierangelini, dem Food Director des Unternehmens, geprägt ist. Diese lautet: unkompli- zierte, aber gehobene italienische Küche, bei der das Produkt im Mittelpunkt steht. Ein wichtiger Fokus soll dabei auch auf regionale Ware gelegt werden. Daher variiert die Karte saisonal und bietet neben Signature Dishes, wie zum Beispiel wunderbare Carciofi alla Romana (23), Artischockenherzen mit Minze und dezentem Knoblauch, die in Olivenöl und Wasser gegart werden, auch Gerichte, die der jeweiligen Jahreszeit entsprechen.

Im Gegensatz zum Vorgänger Sophia’s ist im Florio klassisches, geschmackvolles Interieur im Retrostyle angesagt: Der Kollege fühlte sich „wie am Filmset eines ikonischen italienischen Leinwandklassikers der 50er- und 60er-Jahre.“ Alles richtig. Große Fenster und nur halbhohe Gardinen (die wirklich wie in einer Antica Trattoria in Bologna aussehen) ermöglichen lichtdurchflutete Räumlichkeiten; weinrote Samtbezüge auf den Bänken an den ausschließlich runden, weiß eingedeckten Tischen vermitteln den „Grand Hotel“-Charme vergangener Zeiten – die viele ja arg vermissen. Mehrere Olivenbäume, salbeigrüne Wände und historische Drucke gezeichneter Pflanzen und Früchte dienen als Referenz an den Alten Botanischen Garten. Ein Hingucker ist das Lokal in jedem Fall, obwohl es hier mehr um Stil als um Insta-Tauglichkeit geht. Namensgeber des Restaurants ist schließlich die Familie Florio aus Palermo, die vor rund 125 Jahren in ihrer Villa rauschende Feste für ein illustres Publikum gab, um „die Kunst des Lebens zu zelebrieren … mit Speisen und Weinen, die jede Mahlzeit zu einem Fest machten“, verrät ein Anschreiben. Gutes Stichwort: Es kann losgehen.

Die Crema di carote & zenzero, Karotten- und Ingwer-Cremesuppe der netten Pressedame des Hauses, konnte man schlecht über den Tisch hinweg kosten, sah aber hervorragend aus und hat auch so geschmeckt, wie glaubhaft versichert wurde. Das Hamachi-Sashimi mit sizilianischen Gartenaromen (29) spielt gleich mal in der Oberliga: Raffiniert wurde das weiße Thunfisch-Carpaccio mit Pistazien-Crunch, einer raffinierten Salsa und als besonderes Highlight mit ein paar Klecksen Limonen-Sorbet angerichtet. Ein wunderbar frisches, kulinarisches Erlebnis, das Sizilien auf unterschiedlichste Ebenen an den Gaumen zaubert. Die Kürbis-Ravioli mit Butter, Parmesan und reichlich Trüffel (30) zeichneten sich durch ihre hauchdünne Konsistenz aus. Für die Füllung wurde eine Creme aus drei verschiedenen Kürbissorten verwendet, wie man am Tisch erfährt. Der Trüffel gab dem eher verhaltenen Gemüse et- was Pfiff, insgesamt hätte aber alles et- was wärmer sein können.

Der dazu gereichte Etna Bianco Alta Mora von Cusumano ergänzte wunderbar, auch der 2023er Rosso di Montepulciano von Poliziano konnte trotz jungem Jahrgang zu der geschmorten Kalbsbacke mit Trüffel-Kartoffelcreme und Spinat (38) punkten. Das Fleisch hatte einen angenehmem Biss, die Soße darf durchaus als Reduktion von enormer Tiefe und die Trüffel-Kartoffelcreme als richtig gutes Püree bezeichnet werden. Ein eher internationales als italienisches Gericht – auch das darf in einem Hotelrestaurant durchaus sein. Als Dessert fiel die Wahl nochmal auf Sorbets: einmal mit Basilikum, einmal mit Limone-Thymian aromatisiert.

Fazit: Executive Gabriele Savini, Küchenchef Alberto Brandolin und ihr Team können Fulvio Pierangelinis Credo „Schönheit des Einfachen“ auf hohem Niveau umsetzen. Leider gilt das auch für die Preise. Die Gäste des The Charles Hotels wird das nicht stören. Für andere Genießer*innen gilt: kein Restaurant für jeden Tag, aber ein Besuch ist, was Küche, Philosophie und Interieur betrifft, etwas Besonderes, das lange nachhallt.