Die Blaue Libelle ist eine neue Weinbar in der Hans-Sachs-Straße, die neben ungewöhnlichen Tropfen auch gelungene Küche serviert
Skeptisch betrachtet der Gast das Glas: Der Wein schaut aus wie trüber Apfelsaft, auch die Nase verrät noch nicht viel von den komplexen Aromen, die sich in der Verbindung mit den frittierten Gambas gleich am Gaumen entfalten werden. Ein Schluck, ein Bissen, Augen zu und – klick! – sitzt man an der Promenade in Barceloneta, hinten die schöne Stadt, vorne das blaue Meer. Zu weit? Nicht mehr – willkommen in der kulinarischen Weinbar Blaue Libelle bei den Gastgebern Maximilian Ergert, Robert Eibel und Ayoub Azzabi, die nach aufwendigem Umbau dem ehemaligen afghanischen Restaurant Bamyam Narges in der Hans-Sachs-Straße mit dem Motto „Wine Food Love“ neues Leben eingehaucht haben.
Neben einer von Maxi sorgfältig ausgewählten Weinkarte, mit einem Fokus auf natürlich gekelterten, naturbelassenen und biodynamisch erzeugten Tropfen, steht hier eine mediterran angehauchte Küche im Mittelpunkt. Betritt man das überschaubare Lokal bietet sogleich die mit blauen Kacheln bestückte Bar einen Blickfang bevor weitere Details wie eine kleine Lounge, der Keramik-Wandschmuck und die großen Bastlampen auffallen. Das Lokal könnte so auch auf einer hübschen griechischen Insel oder eben in Barcelona angesiedelt sein, aber bleiben wir lieber in der Hans-Sachs-Straße, die eh schon immer ein kleiner multikultureller Mikrokosmos in dieser Stadt war und noch immer ist. Koch Kaan Erbatu war wie die drei Betreiber früher im Heart und außerdem auch in der Pescheria und im Schmock tätig. Neben einer Auswahl an neapolitanischen Pizzen, für die der sizilianische Pizzaiolo Giacomo zuständig ist, zaubert Kaan vom Fine Dining inspirierte Gerichte, die zum allgemein angesagten Sharing gedacht sind.
Vin Naturel zum Meeres Fritto
Der Belugalinsensalat mit Rote Bete, Mandeln, Sellerie und verschiedenen Beeren (10 Euro) war gleich einmal ein Volltreffer – frischer, facettenreicher vegetarischer Genuss, ideal zum begleitenden „Le Petit Blanc“, ein Sauvignon Blanc von Vincent Ricard (0,1 zu 5 Euro). Danach dann der eingangs erwähnte „Apfelsaft“ zum Meeres Fritto, frittierte und trotzdem saftige Gambas und Calamari mit 3 verschiedenen Dips (16). Der Vin Naturel entpuppte sich als „Els Bassots“ vom spanischen Kultwinzer Escoda Sanahuja (0,1 zu 8 Euro). Zwei Wochen liegt der Chenin Blanc auf der Maische, hat kräftige Tannine bei 12,5 Prozent Alkohol, reife Obstnoten und Kräuter – so darf Naturwein gerne schmecken, eine Entdeckung. Robert und Maxi jagen neben tollen, wilden Weinen (die Karte listet neben Tropfen aus Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich Weine aus Tschechien, Slowakei und Kroatien) auch Wildschwein, Reh und Hirsch in einem eigenen Revier bei Ingolstadt.
Die im wahrsten Sinne regionale und nachhaltig erlegte Beute kommt zum Beispiel als Wildpflanzerl mit Minze und Schafskäse in einem Pizza-Bun (16) auf den Tisch, warum gerade hier ein veganer Chili-Dip dazu kommt, erschließt sich nicht. Allerdings das Pairing mit einem Chinon von der Loire von Winzer Philippe Alliet – der wurde schon probiert und ist wie so mancher rote und weiße Burgunder vielleicht bei einem der nächsten Besuche fällig.
Fazit: Die Blaue Libelle kann mit einer ungewöhnlichen Weinselektion, einer feinen mediterran angehauchten Küche und stimmigem Ambiente punkten. Alles zusammen ist wie ein Kurzurlaub mitten in der Stadt, am Wochenende wird die Weinbar dann spätabends ein bisschen zum Lounge Club mit DJ … ganz kultiviert, versteht sich.
Autor: Rainer Germann
Blaue Libelle, Hans-Sachs-Straße 3, 80469 München
Di bis Sa: ab 18 Uhr; www.blauelibelle.de