Großer Genuss: Teriyaki Veal Ribs im St. Ribs

St. Ribs: Gesegnete Rippchen

Im St. Ribs im Living Hotel am Viktualienmarkt wird der Biergarten-Klassiker in den Heiligenstand erhoben 

Klar, es klingt ein bisschen wie die Ironie des Schicksals, dass in dem ehemaligen vegetarischen Sterne-Restaurant Tian im Living Hotel am Viktualienmarkt nun ein hauseigener „Fleischtempel“ eingezogen ist, meint auch Hoteldirektor Daniel Döscher. Aber man wäre bereits 2014 einen mutigen Schritt gegangen, indem man die Lokalität einem rein vegetarischen Pächter übergeben hätte (der immerhin in Wien bereits mit einem Michelin-Stern prämiert wurde) und gehe nun in Eigenregie bewusst in die entgegengesetzte Richtung. Nach dem ganzen Trend Richtung veganer und vegetarischer Küche wäre es jetzt an der Zeit „dem Thema Fleisch eine neue Bühne zu geben“, so formulieren Hotelier Max Schlereth (Living Hotels) und Gastronom Moritz Haake (Jacob, Burger & Lobster Bank) selbstbewusst ihre Vision des St.Ribs, das Mitte Juni ganz soft den Grill anwarf. Haake hat richtig Appetit auf Fleisch – zusammen mit Werner Hochreiter (Steirer am Markt, Zur Bratwurst) hat er den ehemaligen Haxenbauer übernommen, der unter dem Namen Haxen Grill ebenfalls heuer wiedereröffnet werden soll. Doch nun erst einmal zu den gesegneten Rippchen – bei einer fast schon spontanen Einladung kurz nach Eröffnung durfte man sich das Konzept erklären lassen und erfahren, dass man Spare Ribs in dieser Qualität durchaus auch als Soulfood bezeichnen kann. Bewusster Genuss würde im Vordergrund stehen, den Betreibern wäre schon klar, dass gutes Fleisch eine besondere Ressource und nicht endlos verfügbar ist bzw. auch nicht sein soll. Im Augenblick kommt dieses aus ausgewählten Betrieben aus Österreich, Holland und der Schweiz, man würde aber bereits auch nach Züchtern aus der Region Ausschau halten.

Betritt man das Restaurant, wähnt man sich angesichts des Tafelparketts aus Eiche, den maßgefertigten Möbeln vom Chiemsee, mit lindgrünem Samt bezogenen Bänken, senffarbenen Sesseln, raffinierten Lichtelementen und Wanddekorationen (Design: Niki Szilagyi) nicht unbedingt in einem Lokal, dessen Signature Dish stundenlang marinierte und noch länger gegarte Rippen von Schwein, Rind und Kalb sind. Hier schaut’s eher nach Austern und Champagner aus, zumindest letzteren gibt es natürlich auch. Das Fehlen jeglicher rustikalen Note unterstreicht auch visuell den Anspruch, den

Küchenchef Mario Ramsbacher und Restaurantleiter Consti Rottenberger ansetzten – oder wie es Döscher formuliert: Einen Stern kann und will man hier nicht bekommen, ein Erlebnis soll der Besuch aber schon sein. Und dieses beginnt im Glas: Für den Illusionist Sour (16) wird der Gin mit Anchan-Blüte, Ghost Lemon und Bergamotte am Tisch durch einen mit Kräutern bestückten Reagenzglaskolben in einen Tumbler geträufelt, die Farbveränderung von Blau ins Violette ist nicht mehr ganz neu, aber immer noch in der Gesamtpräsentation hübsch anzusehen. Und: der Drink hat es in sich und kann mit tollen botanischen Noten überzeugen. Show Nummer 2 ist fast noch besser: Als Nachtisch tritt der Gast mit Hilfe eines vom sympathischen jungen Mann im Service in einer Art Nudelpresse zubereiteten Spaghetti-Eises einen köstlichen Trip in die Kindheit an. Unterhaltsame Erlebnisgastronomie am Tisch ist beides, ein Trend aus den Siebziger/Achtziger Jahren, der in Lokalitäten wie Blauer Bock oder auch La Bohème schon länger wieder praktiziert wird. Und dann wären da noch die Hauptakteure, die man am besten in der Runde wie auch unzählige Beilagen von Shovel Fries bis zu einem tollen Gurken-Dill-Salat teilt: die St. Louis Cut Ribs mit einer klassischen BBQ- Soße für 2 bzw. 4 Personen (ca. 850 g/24 Euro p.P), das Prime Beef Short Rib (24 Std. sous vide gegart/28) und die Teriyaki Veal Ribs mit gebratenen Kernen und Lauchzwiebeln (29) – was soll man sagen, das Fleisch fällt fast vom Knochen, ist trotzdem nicht mehlig, sondern hat noch etwas Biss; bei den Marinaden und Soßen waren wahre kulinarische Alchimisten am Werk, vor allem in der Stoutbeer-Soße zum Prime Beef glaubt man Anklänge an Pflaume, Zimt, Sezchuan-Pfeffer und noch allerlei zu schmecken – insgesamt einfach fantastisch. Die offenen Weine wie Ma Mo’s Grauburgunder oder ein Rosé „La Pale“ vom Chateau d‘Esclans kosten zwar Geld (0,1 zu 6/0, zu 11 Euro, Flaschenweine ab 33 Euro), konnten aber ebenfalls überzeugen.

Fazit: Ein richtig schönes Lokal, netter Service – wenn schon Fleisch in Form von Spare Ribs, dann sei sowohl ausgemachten Karnivoren wie auch gelegentlichen Fleischgenießern der Besuch wärmstens empfohlen. Der Unterschied zu gewöhnlichen Biergarten-Rippchen manifestiert sich in der Qualität, die wie immer ihren Preis hat, vor allem aber im Geschmack der Marinaden und Soßen. Kann man sich durchaus mal gönnen – lieber den „unbewussten“ Fleischkonsum runterfahren!

Autor: Rainer Germann

St. Ribs, Frauenstraße 4
Mo-Sa: 17 bis 24 Uhr, Tel.: 089 88 56 56 722
www.saintribs.com