Bis zum 13. Oktober kann man im Lenbachhaus in die Fiktionen des türkischen Literaturnobelpreisträgers eintauchen.
„Wahrhafte Museen sind Orte, an denen sich die Zeit in Raum verwandelt.„
(Orhan Pamuk, in „Museum der Unschuld“)
Hehre Ansprüche, die der türkische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk (*1952 in Istanbul) da formuliert und denen sich das Lenbachhaus nun stellt. Die Ausstellung präsentiert sein vielseitiges, kreatives Schaffen als Autor, Fotograf, Zeichner, Kurator, Museumsgründer und bedeutende politische Stimme unserer Gegenwart. Pamuk erzählt seine Geschichten anhand von Objekten. Ausgehend von seinem Istanbuler „Museum der Unschuld“ mit Alltagsgegenständen zum gleichnamigen Roman überführt er Literatur in den Raum des Museums und schafft begehbare Fiktionen. Pamuk zeigt in seinem Museum die Liebesgeschichte des Fabrikantensohns Kemal und seiner schönen Cousine Füsun. Als ihre Liebesbeziehung in einer Tragödie endet, richtet Kemal ein Museum ein, in dem Tausende von Gegenständen ausgestellt sind, die ihn an Füsun erinnern. Die Objekte spiegeln zugleich das tägliche Leben in Istanbul zwischen den 1950er und den 2000er Jahren wider – und damit auch Zeitgeschehen, Geschlechterrollen oder das zeitgenössische Kino. In dreidimensionalen Collagen, die wie Wunderkammern eine eigene Welt erschaffen, entfaltet die Macht der Dinge eine poetische Kraft. In München sind 40 Kabinette aus dem Istanbuler Museum zu sehen, die Pamuk für diese Wanderausstellung nachgestaltet hat.
Eigens für die Ausstellung entstehen zusätzlich neue Werke, die sich in Auseinandersetzung mit der Sammlung des Lenbachhauses und Künstlern wie Paul Klee und Alfred Kubin mit weiteren Romanen Pamuks verflechten. Indem er über die besondere Art von Trost nachdenkt, die uns Dinge spenden können, greift er Themen auf, die ihn seit vielen Jahren beschäftigen: kultureller Wandel, „Okzidentalismus“ und „Orientalismus“, Fiktion und Erinnerung, und die Rolle von Museen.
Pamuks bisher weitgehend unbekannte Seite als bildender Künstler wird in weiteren Werkserien teils erstmalig der Öffentlichkeit präsentiert. Eine Auswahl seiner Gemälde, Zeichnungen, Skizzenbücher und Notizbücher sowie Fotografien gewährt einen sehr persönlichen Einblick in sein vielschichtiges Œuvre, in dem er sich auf immer neue Weise seiner Heimatstadt Istanbul, ihrer bewegten Historie vom Osmanischen Reich bis zur Republik Türkei sowie den Menschen, die in ihr leben, nähert. In seinen Romanen wie auch seinem konzeptuellen und bildnerischen Werk vermittelt sich dabei ein Seelenzustand der Melancholie oder der kollektiven Stimmung des „Hüzün“ und inspiriert zur Diskussion über das Aufeinandertreffen und Verschmelzen von Kulturen. Orhan Pamuk erschafft daraus ein Gesamtkunstwerk: „Ich schreibe, weil ich die Wirklichkeit nur ertrage, wenn ich sie verändern kann.“
Im Rahmen der Ausstellung wird zudem das Video-Triptychon des Künstlers Ali Kazma „A House of Ink“ gezeigt, das sich mit Pamuks literarischem und künstlerischem Werk, seinem Atelier, seiner Bibliothek und seinem umfangreichen Archiv befasst.
Adresse, Öffnungszeiten, Stadtplan
- Name: Lenbachhaus
- Adresse: Luisenstr. 33
- Öffnungszeiten: Di – So 10:00 – 18:00 Uhr, Do bis 20:00 Uhr
- Webseite