Münchens Museen im Dezember: Fin de siècle reloaded

Drei Ausstellungen über die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Und noch viel mehr – Münchens Museen im Dezember.

Jugendstil – Made in Munich in der Kunsthalle

Und zurück in unsere Stadt zu Jugendstil – Made in Munich in der Kunsthalle (Bis 23.3.25): Um 1900 traten junge visionäre Kunstschaffende in München dazu an, die Kunst und das Leben zu reformieren. Künstler*innen wie Richard Riemerschmid, Hermann Obrist oder Margarethe von Brauchitsch wandten sich von historischen Vorbildern ab, um zu einer neuen Kunst zu finden, die das Leben bis ins kleinste Detail durchdringen sollte. Ihre Ideen und Entwürfe bilden die Grundlage für die Kunst und das Design der Moderne. Mit über 400 Objekten aus Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie, Design und Mode beleuchtet die Ausstellung die Rolle Münchens als Wiege des Jugendstils in Deutschland und zeigt, wie aktuell die schon damals diskutierten Lebensfragen heute noch sind.

„Messengers from above: Meteoriten – Mysteriöse Boten aus dem All“ in der ERES-Stiftung

In der ERES-Stiftung geht es apokalyptisch-astronomisch zu: Bei Messengers from above: Meteoriten – Mysteriöse Boten aus dem All (5.12. – 11.5.25)wird die Urmaterie des Sonnensystems zur „Zeitkapsel“, zum Informationsträger für Kunst und Wissenschaft. Während sich die Forschung davon Rückschlüsse auf Ursprung und Zukunft des Lebens erhofft, lesen Künstler*innen die extraterrestrischen Datenspeicher in einer facettenreichen Fülle an zeitgenössischen Positionen aus: Werke, die in Staunen versetzen, utopisch-dystopische Visionen und Arbeiten voller Humor und Poesie fragen nach Zufall und Wahrscheinlichkeit, nach neuen Dimensionen. Und immer wieder nach der Position von uns Menschen im kosmischen Gefüge.

„Ilit Azoulay: Stopover“ im VS

Im VS macht die Künstlerin Ilit Azoulay unterdessen einen Stopover (12.12. – 2.3.25). Sie ist eine Meisterin des fotografischen Erzählens. Dabei begnügt sie sich nicht mit dem zweidimensionalen Bild, sondern baut Werke mit physischer Präsenz im Raum, die sinnliche und intellektuelle Wirkung entfalten. Ihre Vorgehensweise ähnelt einer archäologischen Ausgrabung. Sie arbeitet sich durch verschiedene Zeitschichten und sucht nach Fragmenten aus denen sie Collagen formt. Diese puzzleartigen Neuschöpfungen loten die Grenzen tradierter Wissensvermittlung aus und ermöglichen einen assoziativen Zugang zur Geschichte. Für das Interimsquartier des Museums Villa Stuck folgt Azoulay der Einladung, mit einem eigens dafür entwickelten Kunstprojekt auf die Geschichte des neuen und des alten Ortes zu reagieren. Das Projekt besteht aus einem ersten Kapitel im VS und einem zweiten nach der Rückkehr in die Villa Stuck.

„Neue Schätze – Glanzlichter aus dem Tresor“ in der Münzsammlung

Hier funkelts und glitzert’s auch abseits der weihnachtlich geschmückten Straßen; Die Münzsammlung präsentiert unter dem Titel Neue Schätze – Glanzlichter aus dem Tresor noch nie gesehene Stücke aus ebenjenem Tresor. Entdecken kann man hier die älteste Münze der Griechen, die frühesten Porträts auf Münzen, das einzigartige Kristallsiegel des böhmischen Winterkönigs und vieles mehr.

„Rachel Ruysch – Nature into Art“ in der Alten Pinakothek

Rachel Ruysch (1664-1750), Stillleben mit Rosen, Tulpen und Sonnenblume, 1710

Wer im Winter die Blumen vermisst, der sollte in die alte Pinakothek zu Rachel Ruysch – Nature into Art (Bis 16.3.25): Ihre täuschend echt wirkenden Blumenstillleben mit Pflanzen und Früchten, Schmetterlingen und Insekten aus den verschiedensten Regionen der Welt galten bereits zu Lebzeiten als gesuchte und kostspielige Sammlerstücke. Die Nachfrage war so groß, dass es sich die Amsterdamer Malerin leisten konnte, nur wenige Stücke im Jahr zu produzieren. Als Tochter des renommierten Professors für Anatomie und Botanik, Frederik Ruysch, erstes weibliches Mitglied der Confrerie Pictura, Hofmalerin in Düsseldorf und Mutter von zehn Kindern war sie eine Ausnahmeerscheinung ihrer Zeit. Die Alte Pinakothek widmet ihr die erste große monografische Ausstellung. Entdecken Sie die wundersame Welt der Rachel Ruysch (1664–1750)zwischen Kunst und Naturwissenschaft, perfektionierter Feinmalerei und künstlerischer Freiheit in Amsterdam, Düsseldorf und Florenz.

„Kunst und Bühne – Spielorte des Münchner Jugendstils“ im Deutschen Theatermuseum

Und nochmal art nouveau bei Kunst und Bühne – Spielorte des Münchner Jugendstils im deutschen Theatermuseum. Die Jahrhundertwende markierte auch in der Theaterästhetik einen Umbruch: Quer durch die künstlerischen Disziplinen werden die Stimmen nach einer Reform der Bühnenkunst lauter. Der rasante Wandel um 1900 verändert Sehgewohnheiten und Raumerfahrung. Unter dem Einfluss der Jugendstil-Bewegung entwickelt sich München zu einem Zentrum der Theaterreform. Künstler wie Richard Riemerschmid, Fritz Erler und Thomas Theodor Heine befeuern den Diskurs der Bühnen-Erneuerer. Stilbildend für den Aufbruch in die Moderne erweist sich das 1908 eröffnete Münchner Künstler-Theater auf der Theresienhöhe, eine einzigartige Reliefbühne, die aus der Zusammenarbeit einer jungen Künstlergeneration mit dem erfahrenen Architekten Max Littmann entsteht. Vorhang auf!

„Kafkas Spiele“ im Sudetendeutschen Haus

Den perfekten Abschluss fürs Kafka-Jahr gibt’s im sudetendeutschen Haus: Literarische und biografische Texte Franz Kafkas sowie Artefakte und Dokumente aus der Sammlung des Prager Literaturmuseums werden in Kafkas Spiele (bis 2.2.2025) aus ungewohnter Perspektive gezeigt: als Spiel. Die Ausstellung präsentiert literarische und biografische Texte Franz Kafkas sowie dazu passende Artefakte und Dokumente aus der Sammlung des tschechischen Literaturmuseums (Památník národního písemnictví – Muzeum literatury) auf interaktive Weise: Kafka lässt sich so als Schriftsteller entdecken, der in seinen Texten mit Formen, Ideen und Pointen sein Spiel treibt. Und der damit Künstlerinnen und Künstler, Übersetzerinnen und Übersetzer bis heute zum spielerischen Umgang mit seinen Texten inspiriert. Das Thema Spiel spiegelt sich strukturell auch in der Ausstellungsarchitektur. Praktisch „immersiv“, wie es gerade in Puncto Ausstellungen aktuell oft heißt.