Noch bis 10.3. hat man im Haus der Kunst die Chance in andere Welten einzutauchen.
Wo man auch hinschaut… München wird instagrammable. Die Selbstinszenierung an diversen Orten wird immer „wichtiger“. Längst haben findige Köpfe darauf reagiert und entsprechende Spots, teils sogar „Erlebnismuseum“ genannt, ins Leben gerufen. Während daran insgesamt nicht sonderlich viel auszusetzen ist, sei an dieser Stelle doch dazu aufgerufen sich die Traditionslinie zu vergegenwärtigen, in der sich diese Institutionen, die besondere Räumlichkeiten zur Erkundung bieten, befinden.
Die Gruppenausstellung „In anderen Räumen. Environments von Künstlerinnen 1956—1976“ beleuchtet die grundlegenden Beiträge von Frauen zur Geschichte der Environments. Es werden die Arbeiten von elf Künstlerinnen aus drei Generationen Asiens, Europas sowie Nord- und Südamerikas präsentiert: Judy Chicago, Lygia Clark, Laura Grisi, Aleksandra Kasuba, Lea Lublin, Marta Minujín, Tania Mouraud, Maria Nordman, Nanda Vigo, Faith Wilding und Tsuruko Yamazaki.
Der Begriff „Environment“ geht auf das Jahr 1949 zurück und wurde erstmals vom italienisch-argentinischen Künstler Lucio Fontana verwendet, um seine experimentellen neuen Kunstwerke zu beschreiben, die sich durch einen progressiven und unkonventionellen Charakter auszeichnen. Environments befinden sich an der Schwelle zwischen Kunst, Architektur und Design; sie kreieren und verändern den Raum. Ihr immersiver und spielerischer Charakter lädt das Publikum dazu ein, sie zu betreten, sich auf sie einzulassen und mit ihnen zu interagieren. Ganz ohne Befriedigung der Eitelkeiten von Besucher*innen. Auch wenn Environments schnell zu einem wichtigen Bestandteil der internationalen Kunstwelt wurden, konzentriert sich ihre Geschichtsschreibung bisher fast ausschließlich auf die Vereinigten Staaten und teilweise auf Europa sowie auf die Werke von Künstlern.
Da die meisten Environments unmittelbar nach ihrer Präsentation dekonstruiert wurden, wurden sie für die Ausstellung am Haus der Kunst mit Hilfe eines Netzwerks von Forscher*innen und Restaurator*innen und auf der Grundlage von Archivmaterial und verschiedenen Quellen wie Fotos, Architekturplänen, Artikeln und Rezensionen rekonstruiert. Das macht „In anderen Räumen“ zur ersten jemals realisierten Ausstellung dieser Art. Der Ausstellungszeitraum beginnt 1956 mit Tsuruko Yamazakis Red (蚊帳状立体作品) (Shape of Mosquito Net) und endet 1976, dem Zeitpunkt des ersten historischen Überblicks über die immersiven Kunstwerke in der Ausstellung „Ambiente/Arte“ des Kurators Germano Celant auf der 37. Biennale von Venedig. „In anderen Räumen“ ist das Ergebnis eines dreijährigen Forschungsprozesses und zielt darauf ab, eine andere, delokalisierte Geschichtsschreibung durch die Präsentation von Künstlerinnen aufzuzeigen. Dadurch soll die Kluft zwischen damals und heute überbrückt werden.
Die Ausstellung versucht Geschichten und Erzählungen neu zu untersuchen und diejenigen hervorzuheben, die in historischen Schilderungen fehlen. Sie stellt den künstlerischen Kanon auf den Kopf, indem sie die grundlegende Rolle der Frauen bei der Entwicklung von Environments aufzeigt, die einen nachhaltigen Einfluss auf die bildende Kunst haben. Und ja, gute Fotos kann man darin auch machen.