Auch im Juni widmen sich Münchens Museen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Sie ist eine Ikone der Literatur des 20. Jahrhunderts, jede Neuveröffentlichung aus dem Nachlass ein Ereignis, die Faszination ihres Werks und ihrer Person sind ungebrochen: Ingeborg Bachmann (1926-1973), die große österreichische Dichterin, wird erstmals in München in einer umfassenden Ausstellung gewürdigt. Bis heute inspiriert sie Biographen und Filmemacherinnen, die Literaturwissenschaft und Generationen von Leserinnen weltweit. In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Nationalbibliothek zeigt das Literaturhaus München in „Ich bin es nicht. Ich bin’s. Ingeborg Bachmann“ (Bis 3.11.) bisher Unveröffentlichtes aus dem Nachlass, darunter Briefe von Max Frisch, Henry Kissinger, Marie Luise Kaschnitz und Nelly Sachs. Zahlreiche Originalmanuskripte, Persönliches wie ihre Schreibmaschine und ihre Garderobe, seltene Ton- und Filmdokumente zeigen, wie sehr Ingeborg Bachmanns Leben einem ästhetischen Konzept folgte, das untrennbar von ihrem Werk ist. Video-Kommentare zeitgenössischer Bachmann-Expertinnen und -Experten zeugen von der Aktualität und anhaltenden Wirkung ihrer Texte.
Die Ausstellung zeigt Ingeborg Bachmann als ebenso selbstbewusste wie verletzliche Künstlerin, als frühen Medienstar und Stilikone, als politische Schriftstellerin.
Aus Anlass des 50. Todestages von Oskar Schindler am 9. Oktober 2024 erzählt das Sudetendeutsche Museum in der Sonderausstellung „Oskar Schindler – Lebemann und Lebensretter“ (Bis 27.10.) in zehn Kapiteln die Geschichte seines Lebens und seiner Rettungsaktion. Nach der Ausstellungseinführung titeln die weiteren Kapitel: Heimat in Mähren – Der Lebemann – Das Rad im NS-Getriebe – Der Unternehmer – Schindlers Liste(n) – Die Lebensretter Oskar und Emilie – Vom Retter zum Geretteten – Schindlers Koffer – Würdigungen. Zu Oskar Schindlers persönlicher Tragik gehört, dass er nach dem Krieg trotz massiver Bemühungen seiner jüdischen Freunde weder wirtschaftlich noch privat Fuß fassen konnte und am Ende seines Lebens nahezu vergessen war.
Im Zentrum der Ausstellung stehen die berühmten Listen Schindlers, von denen mehrere Fassungen erstellt wurden. Erstmalig wird der Öffentlichkeit das Original einer zweiseitigen Liste vom 29. Januar 1945 präsentiert. Dieses wertvolle Zeitdokument enthält die Namen von 81 jüdischen Häftlingen aus dem KZ Golleschau/Golezów, einem Nebenlager des KZ Auschwitz. Die Insassen dieses Transportes zählten nicht zu den über 1000 Personen, die Schindler aus seiner Fabrik in Krakau rettete. Aus Menschenliebe nahm Schindler diesen und zwei weitere Transporte auf. Ihm und seiner Frau Emilie gelang im mährischen Brünnlitz/Brněnec die Lebensrettung der meisten Juden aus diesen Transporten. Die 1098 Namen der durch den Film bekannt gewordene Liste vom 18. April 1945 werden in einer aufwändigen Installation visualisiert.
Auch sie sollen nicht vergessen bleiben: Ein Junge im Matrosenanzug, eine Dame mit Barett und übergroßen Puffärmeln, ein Rabbiner mit aufgeschlagenem Gebetbuch. Das Jüdische Museum München zeigt in seiner Ausstellung „Bildgeschichten. Münchner Jüdinnen und Juden im Porträt“ (Bis 2.3.2025) bekannte und eben vergessene Münchner Gesichter und fragt: Wer ließ sich von wem porträtieren? Wie wollte man gesehen werden? Wen wollte man darstellen? Die Werke aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert erzählen vom Selbstverständnis jüdischer Familien in München und ihrem Beitrag zur Stadtgesellschaft bis zur Verfolgung im Nationalsozialismus und zeigen die Vielfalt jüdischer Identitäten.
Hatten wir schon, läuft aber bald aus: Die Ausstellung Close Enough (Bis 21.7.) im Kunstfoyer untersucht die Positionen von dreizehn teils noch unbekannten, teils etablierten Magnum-Fotografinnen und die komplexen Beziehungen, die sie sowohl im globalen Zusammenhang, als auch in ihren örtlichen Gemeinschaften und in ihren Interaktionen mit einzelnen Personen herstellen. Vor dem Hintergrund des 75. Jahrestages der Gründung der Agentur Magnum (1947) konzentriert sich Close Enough auf Fotografinnen, deren unterschiedliche Standpunkte derzeit die fotografischen Perspektiven innerhalb von Magnum prägen. Mit Entschlossenheit, Dringlichkeit und Einfallsreichtum legt jede der hier vertretenen Fotografinnen Rechenschaft über ihre Praxis ab und lädt uns ein, tatsächlich nah genug heranzukommen.
Hinein ins Öffentliche: Auf Einladung von Public Art München präsentiert die renommierte litauische Künstlerin und Gewinnerin des Goldenen Löwen der Kunstbiennale Venedig, Lina Lapelytė, Copper Lick, ein Projekt, das speziell für München konzipiert wurde. Lapelytė lädt die Stadt zu einer kollektiven Hörerfahrung ein, indem sie an den Grünanlagen am Kabelsteg einen Hör- und Performanceraum schafft – ein wöchentliches Ereignis, das die Schwere von Kirchenglocken und die Bedeutung der menschlichen Stimme neu gewichtet.
Jeden Dienstag kurz nach 17 Uhr ihre Komposition für Münchner Kirchenglocken und verwebt sie mit dem Gesang menschlicher Stimmen. Dieser Austausch zwischen dem Wuchtigen und dem Zerbrechlichen wird umrahmt von einer speziell angefertigten parabolischen Steinskulptur, die aus einem einzigen 400 Millionen Jahre alten Kalksteinfelsen aus Litauen gemeißelt und zusammen mit dem Architekturbüro Mantas Peteraitis entworfen wurde.
Über 90 Tage verwandelt sich Copper Lick in einen Treffpunkt, einen Klangverstärker und einen Spiegel, der die akustische Vielfalt der Stadt reflektiert.
Und zuletzt ein Blick auf jüngere künstlerische Positionen: Im Sommer 2016 anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Bestehens des Kunsthauses Kaufbeuren eingeführt, findet im Sommer 2024 unter dem mittlerweile etablierten Titel Blick Fang (Bis 18.8.) bereits die sechste Ausstellung dieses Formats statt. Gezeigt werden in zweijährigem Rhythmus Werke von jungen, aufstrebenden Künstlerinnen und Künstlern aus dem gesamten Bundesgebiet. Das Oberthema der Ausstellung 2024 lautet »Heimat. Eine Suche«. Mit dabei sind Boglárka Balassa, Alex Bex, Florence Bühr, Susanne Bürner, Thesea Rigou Efstathopoulos, Mirjam Elburn, Gregor EsKa, Valerie Funk, Benedikt Gahl u.v.m.