Münchens Museen bieten einen faszinierenden Start ins Jahr 2024. Mit der Sammlung Goetz, Pinakothek der Moderne, Haus der Kunst u.a.
Nachdem die Zwischennutzung Lovecraft, im ehemaligen Kaufhof am Stachus aufgrund fehlender Genehmigungen leider nicht öffnen konnte, musste auch die Sammlung Goetz, die dort das Untergeschoß bezogen hatte, wieder aus – ziehen. Da am Stammgebäude der Sammlung in Oberföhring noch Renovierungsmaßnahmen durchgeführt werden, ist die aktuelle Ausstellung The Experiment von Nathalie Djurberg & Hans Berg jetzt kurzerhand online verfügbar. Die Multimedia-Installation besteht aus einem surreal anmutenden Garten mit mehr als hundert überlebensgroßen Pflanzen, in dem drei Stop-Motion-Filme präsentiert werden. Unter Sammlung Goetz Digital gibt es neben einem Videorundgang durch die Ausstellung, noch Installationsansichten, ein Interview mit den Künstler*innen sowie die drei Stop-Motion Filme Greed, Forest und Cave in voller Länge zu entdecken. Einige der Inhalte sind auch in Leichter Sprache und in Gebärdensprache zugänglich. Große Kunst gemütlich auf dem heimischen Sofa erleben.
Mit der Ausstellung From My Heart (bis 21.1.) gratuliert die Staatliche Graphische Sammlung München in der Pinakothek der Moderne der New Yorker Künstlerin Kiki Smith (*18. Januar 1954) zu ihrem runden Geburtstag. Vor wenigen Jahren hat Kiki Smith ihr gesamtes druckgraphisches Werk der Graphischen Sammlung geschenkt. Im ersten Teil der Ausstellung werden einzelne graphische Werke Smiths in einen Dialog mit historischen Arbeiten aus dem Bestand des Museums gesetzt. Darunter zum Beispiel ein Blatt aus einer mittelalterlichen Bibelhandschrift in Gegenüberstellung zu Kiki Smiths Druckgraphik Untitled (Kidneys). Im zweiten Teil konzentriert sich die Ausstellung im Wesentlichen auf ein einzelnes Sujet: das Herz. Gleichwohl das Motiv des Herzens von der Künstlerin für ihre Arbeit nur sehr ausgewählt Verwendung fand, gerade weil es weltweit so populär ist und inflationär eingesetzt wird, umso eindrücklicher zeigt die sich daraus ergebene Werkauswahl, wie es der Künstlerin gelingt, diesem vielverwendeten Symbol neues Leben einzuhauchen und uns als Betrachterinnen und Betrachter unmittelbar anzusprechen.
Vom visuellen zum auditiven: Mit Meredith Monk. Calling (bis 3.3.) gibt es im Haus der Kunst die bislang umfassendste Präsentation zum Schaffen der einflussreichen amerikanischen Künstlerin (geb. 1942, New York City) mit Werken aus sechs Jahrzehnten zu entdecken. Monk, die sich frei zwischen verschiedenen Kunstdisziplinen bewegt, hat mit ihrer Arbeit die Grenzen von Musik, Theater, Tanz, Video und Installation kontinuierlich erweitert. Sie gilt als Wegbereiterin der ortsspezifischen Performance und ihre interdisziplinäre Arbeitsweise hat die nachfolgenden Generationen maßgeblich mitbeeinflusst. Im Zentrum steht dabei stets die suggestive Kraft der verschiedenen Dimensionen der menschlichen Stimme. Während Monk in der Musik und Theaterwelt weithin bekannt ist, wird die Ausstellung im Haus der Kunst die erste in Europa sein, die dem immersiven Werk der Künstlerin gewidmet ist. Ziel dieser Ausstellung ist es deshalb, die Rezeption ihres Werks in Form einer multisensorischen, innovativen Präsentation zu ermöglichen.
Dann durch den Hofgarten und hinüber ins Literaturhaus in die Ausstellung Verbotene Bücher (bis 4.2.): Ob autokratische Herrscher, totalitäre Regime oder verbohrte Bürokraten, ob besorgte Eltern, strenge Richter oder Hüter des wahren Glaubens – seit es Bücher gibt, wird erbittert um den Gegensatz zwischen Kunstfreiheit und strikten moralischen, politischen oder religiösen Vorstellungen gerungen: Eine Ausstellung mit Geschichten aus und über berühmte Bücher, die verboten wurden. Bücherverbote bedeuten Macht und Kontrolle. Kontrolle über politisch Unliebsame, über Frauen, über sozial Benachteiligte, über Menschen, die als nicht dazugehörig angesehen werden. Menschen von Bildung fernzuhalten, heißt, sie daran zu hindern, frei zu denken und sich selbst zu ermächtigen. Zensur gab es seit Erfindung des Buchdrucks und erreicht in der Gegenwart in vielen Regionen der Welt neue Dimensionen. Die Freiheit des Wortes muss auch in Demokratien geschützt und verteidigt werden. Die aktuelle Debatte zeigt, wie existentiell die Frage empfunden wird. Vom Index »librorum prohibitorum« der römischen Inquisition über die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten bis zum Mordanschlag auf Salman Rushdie, den er nur knapp überlebt hat: Die Ausstellung lotet den Unterschied aus zwischen Verbot und Sensibilisierung in sich verändernden Gesellschaften.
Die Ausstellung Unreal | Jenseits der Realität – Sven Drühl | René Wirths im Kunsthaus Kaufbeuren (bis 14.4.2024) vereinigt zwei auf den ersten Blick gegensätzliche malerische Positionen, die beide vermeintlich auf der Idee des Realismus basieren. Sven Drühl malt scheinbar realistische Landschaftsgemälde und René Wirths malt – so die Anmutung – fotorealistisch. In den teils bis ins Monumentale gesteigerten Motiven von Wirths geht es dabei vielmehr um eine abstrahierende Übersetzung des Seh-Eindrucks. Und auch bei Sven Drühls Landschaften verhält es sich anders, als es zunächst anmutet. Drühl fertigt seine Gemälde in der Regel nicht nach fotografischen Vorlagen. Seine Kunstwerke basieren vielmehr auf virtuellen, am Computer generierten Motiven aus dem Kontext der Gaming-Industrie. Genau hinschauen und vergleichen lohnt sich!
Und zum Abschluss etwas fürs Herz von Groß und Klein: Die Ausstellung Marionetten aus Böhmen und Mähren (bis 13.2.) im Sudetendeutschen Museum versetzt das Publikum in zauberhafte vergangene Welten. Der Vorhang öffnet sich und vor einer geheimnisvollen Kulisse hüpfen, tanzen und fliegen typische Charaktere des böhmischen Marionettenspiels wild umher: Tod und Teufel, Drachen, Bauern und Handwerker, Musikanten und Gastwirte, Adelige und Räuber. Aber auch Könige, Prinzessinnen und Ritter sowie Märchenfiguren wie Hänsel und Gretel oder Rotkäppchen, Hexen und Zauberer. Der Wassermann, eine wichtige Figur der böhmischen Sagenwelt, macht dabei mit. Und natürlich darf bei dem ganzen Durcheinander auch der Kasperl bzw. Kašpárek nicht fehlen.