Herzkasperltzelt

Herzkasperlzelt muss bleiben!

Die Oide Wiesn ohne Herzkasperlzelt? DJ Ötzi statt Hochzeitskapelle? Warum das Kulturzelt bleiben muss – ein Kommentar

Weil ein Mitbewerber bei der alljährlichen Punktbewertung besser abschneidet als Fraunhofer-Wirt Beppi Bachmaier von Herzkasperlzelt, könnte es passieren, dass das vor allem bei den Münchnerinnen und Münchnern beliebte Wiesnzelt, das mit seinem Kulturprogramm maßgeblich zum Charme der Oidn Wiesn beiträgt, heuer dort nicht aufgebaut wird. Bereits seit zwei Wochen gäbe es Gerüchte darüber, erzählt Bachmaier; die SZ ließ am Karfreitag dann die Bombe platzen. Dem Vernehmen nach ist der Mitbewerber Peter Schöniger von der Festhalle Bayernland stand da zu lesen; dieser ist in Kürze mit seinem Zelt auf dem Frühlingsfest vertreten, hat sich schon länger für die „normale“ Wiesn beworben und diesmal gleich auch noch für die Oide Wiesn, die nach der Absage des Zentral-Landwirtschaftsfestes ziemlich kurzfristig doch noch ausgeschrieben wurde. 

Da das Kulturprogramm nicht unter die Bewertungskriterien fällt, was bei der klassischen Wiesn ja auch keine größere Rolle spielt, es für die Oide Wiesn aber die Einschätzung des Kulturreferats bedarf, könnte letzteres das entscheidende Zünglein an der Waage sein. Denn eins steht fest: Während im Herzkasperlzelt namhafte regionale und internationale Künstlerinnen und Künstler auftreten, die ein Spektrum zwischen Tradition und Moderne bieten, wie man es in dieser Bandbreite höchst selten zu hören bekommt, lässt die Festhalle Bayernland als Highlights auf dem kommenden Frühlingsfest DJ Ötzi und den Ballermann-Sänger Mickie Krause auftreten. Man kann von diesen Stimmungskanonen halten, was man will – rein kulturell haben sie den Gruppen, die Programmdirektor Matin Jonas jedes Jahr sorgfältig auswählt (insgesamt treten pro Saison rund 500 (!) Musikerinnen und Musiker auf), wie zum Beispiel Loisach Marci, Hochzeitskapelle, Banda di Palermo, Quetschenblech, Express Brass Band oder der Hauskapelle G.Rag & die Landlergschwister praktisch nichts entgegenzusetzen.  Die Kapelle Josef Menzl würde heuer wieder in das Herzkasperlzelt zurückkehren nach einem zweijährigen, weniger erfolgreichen Gastspiel in der Bräurosl; sie war mit ihrer traditionellen, echten bayrischen Blasmusik nicht „partytauglich“ genug und durfte schließlich abends dort nicht mehr auftreten. Liebhaber der „echten“ Volksmusik waren entsetzt, Bachmaier nimmt sie gerne zurück: „Menzl war schließlich von Anfang an mit dabei auf der Oidn Wiesn und passt ja auch viel besser hierher“.

Herzkasperlzelt-Hauskapelle G.Rag & die Landlergschwister
Herzkasperlzelt-Hauskapelle G.Rag & die Landlergschwister (c) Veranstalter

Man muss kein Nostradamus sein, um sich die Folgen für die Oide Wiesn ausmalen zu können, die immerhin, weil sie etwas anderes zu bieten hat, rund eine halbe Million Besucherinnen und Besucher anzieht. Eine Oide Wiesn ohne Herzkasperlzelt ist definitiv nicht vorstellbar, würde nur die flächenmäßige Erweiterung des klassischen Oktoberfestes und die damit einhergehende Kommerzialisierung bedeuten, da nützen dann auch die schönsten historischen Fahrgeschäfte und die ausgestellten alten Traktoren nichts. Nicht nur das Kulturprogramm im Herzkasperlzelt ist ein Magnet – auch viele Familien mit Kindern fühlen sich hier wohl, denn eine friedliche Stimmung ist garantiert, es gab bisher keinen Polizeieinsatz zu vermelden, sagt Bachmaier. Dass das Zelt auch gastronomisch Weitblick bewiesen hat, spiegelt sich in der Tatsache wider, dass hier bereits zur Jubiläums-Wiesn 2010, dem Geburtsjahr der Oidn Wiesn, vegetarische und vegane Speisen angeboten wurden. Heute haben praktisch alle Zelte fleischlose Kost auf der Karte, damals berichteten Reporter aus aller Welt über diese Innovation.

Tradition im Zeichen des Herzkasperl
Tradition im Zeichen des Herzkasperl (c) Veranstalter

Machen wir’s kurz: Lieber Stadtrat, liebes Kulturreferat, lieber Anton Biebl, lieber Wiesnchef Clemens Baumgärtner (der als Wirtschaftsreferent doch schon deutliche Kulturaffinität bewiesen hat mit der Vergabe des Messegeländes für zehn Adele-Konzerte!) und lieber OB Dieter Reiter: Das Herzkasperlzelt ist ein Aushängeschild für eine friedliche Wiesn mit einem Kulturangebot, um das sich andere Volksfeste raufen würden. Genau das tun die Gäste des nach einer Figur des großen Schauspielers Jörg Hube benannten Zeltes nicht: Sie tanzen und feiern, essen und trinken, ausgelassen und friedlich. Bitte sorgen Sie dafür, dass das so bleibt! Die meisten der rund halben Million Münchnerinnen, Münchner und auswärtigen Gästen, die jährlich die Oide Wiesn besuchen, werden es Ihnen danken!

Es sind bereits mehrere Initiativen geplant, um das Herzkasperlzelt zu unterstützen, unter anderem hier: HERZKASPERLRETTEN!  Link