Am 7. Februar 1948, ausgerechnet an einem Rosenmontag, starb Karl Valentin. Heute zählt er neben Charlie Chaplin und Buster Keaton nicht nur zu den ersten Komikern auf der Leinwand, sondern gilt sogar als Pionier des surrealen Films.
Geboren in der Au am 4. Juni 1882, als Valentin Ludwig Fey wollte Karl von frühester Jugend an Unterhaltungskünstler werden. Doch als einziger Erbe der Möbelspedition Falk & Fey musste er eine Schreinerlehre absolvieren, im Gegenzug finanzierte ihm sein Vater ein Studium an der Varieté-Schule.
Wer heute durch die malerischen Straßen der Au spaziert, kann sich kaum vorstellen, dass dieser gemütliche Stadtteil zwischen Auer Mühlbach und Isar im 19. Jahrhundert als kriminelles und verrufenes Pflaster galt, als die Heimat von Gaunern und leichten Mädchen: „Der Au Missgesinnte erzählten die boshafte Anekdote, der Scharfrichter von Wien hätte die Au für eine große Stadt gehalten, weil er so viele aus der Au zum Köpfen bekomme“, schrieb ein Arzt in jener Zeit.
1854 erfolgte schließlich die Eingemeindung der damals 10.840 Einwohner zählenden Vorstadt.
Ein echter Lausbua: Karl Valentin in seiner Jugend
In der Au lebten damals hauptsächlich einfache Leute, Kleinhandwerker, Hilfsarbeiter und Tagelöhner. Daneben siedelten sich Betriebe an, die viel Platz brauchten wie eben die Möbelspedition von Karl Valentins Eltern. Er verbrachte eine unbeschwerte Kindheit und Als ein echter „Lausbua“ dachte sich der junge Karl viele Streiche aus. Dabei war er nicht besonders zimperlich: Um „Patienten“ für sein Krankenhaus-Spiel zu bekommen, wurden da schon mal Glasscherben in den Isarauen verteilt.
Nach dem Tod seines Vaters musst er die Spedition übernehmen, führte aber den elterlichen Betrieb in den Bankrott. 1906 musste alles verkauft werden. Ab 1903 baute Karl Valentin an seinem Musikapparat „Lebendiges Orchestrion“ mit dem er 1906 und 1907 auf Tournee ging und sogar in Berlin auftrat. Doch das Unternehmen hatte wenig Erfolg.
Zurück nach München kam er 1907 und versuchte sich als Salonkomiker, aber ebenfalls erfolglos. Erst als ihm sein Freund Wiggerl Greiner riet es als Karrikaturkomiker zu versuchen, kam der Durchbruch, als er unter anderem als „Skelett-Giggerl“ für Furore sorgte.
Die Partnerschaft mit Liesl Karlstadt begann als Krankheitsvertretung
Seine Zusammenarbeit mit der kongenialen Liesl Karlstadt begann 1911. Als seine damalige Bühnenpartnerin Rosa Schöpfer krankheitsbedingt ausfiel, sprang Karlstadt kurzfristig ein und war die ideale Bühnenpartnerin, die seine eigenwillige, absurde Komik verstand und mittragen konnte. Zu dieser Zeit trat Valentin bereits als Kabarettist und Komiker auf, während Liesl Karlstadt in kleineren Rollen an Münchner Bühnen spielte.Die Zusammenarbeit begann zunächst beruflich, entwickelte sich aber schnell zu einer engen künstlerischen Partnerschaft, die über 20 Jahre andauerte. Liesl Karlstadt brachte mit ihrer schlagfertigen, spontanen Art eine neue Dynamik in Valentins Bühnenauftritte. Auch privat waren Karl Valentin und Liesl Karlstadt zeitweise liiert. Die Beziehung gestaltete sich jedoch shr schwierg. Sie war von Spannungen geprägt, auch weil Karl Valentin bereits verheiratet war und Kinder hatte. Seine Ehe mit Gisela Raue bestand während der gesamten Zusammenarbeit mit Karlstadt, was ihre private Verbindung erschwerte.
Die zehn beliebtesten Karl-Valentin-Zitate und Sprüche
Als brillanter Wortakrobat und um-die-Ecke-Denker ist Valentin auch durch seine Zitate bekannt geworden, die bis heute nichts von ihrem Witz und ihrer Schärfe verloren haben:
„Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.“
„Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.„
„Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.„
„Die Zukunft war früher auch besser.„
„Gar nichts sagen wollen ist auch schon wieder was gesagt.„
„Heute ist die gute, alte Zeit von morgen.„
„Wenn ich gewusst hätte, dass ich so alt werde, hätte ich besser auf mich aufgepasst.„
„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.„
„Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.„
„Sauft nicht so viel, trinkt lieber ein Bier.„
„Wenn die stade Zeit vorüber ist, dann wird’s auch wieder ruhiger.“
Karl Valentin als Filmpionier
Karl Valentin war ein früher Filmpionier: Ab 1912 produzierte er privat in seinem Studio nicht nur als einer der ersten in Bayern Filme, sondern stellte das Medium mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen komplett auf den Kopf. Man muss sich vorstellen, die Bavaria Filmstudios wurden erst 1919 gegründet. Valentin experimentierte schon sehr früh mit absurden Geschichten, schrägen Perspektiven und filmischen Tricks, die ihrer Zeit weit voraus waren. Mit seinen Filme gelang Valentin ein wilder Mix aus Slapstick, Meta-Humor und surrealem Wahnsinn. Er baute absichtlich technische Pannen ein oder spielte mit den Erwartungen des Publikums – etwas, das damals für viele einfach nur verwirrend war, heute aber als visionär gilt. In „Mysterien eines Frisiersalons“ (1923) holte er sich sogar Bertolt Brecht mit ins Boot. Gemeinsam schufen sie ein Meisterwerk zwischen Surrealismus und makaberem Humor und dass fünf Jahre vor Luis Bunuels „Ein andalusischer Hund“ (Chien Andalou)“. Karl Valentin war mehr als nur ein Komiker – er war ein Künstler, der das Medium Film mit unkonventionellen Ideen und großem Einfallsreichtum bereicherte.
Bei all seinen Pioniertaten blieb Valentin gegen Ende seines Lebens oftmals unverstanden und sein Tod war mehr als tragisch: Nach einem Auftritt auf der Bühne des Kabarettheaters „Bunter Würfel“ heutige Preysingstraße Nr. 42 wurde er versehentlich in der Garderobe vergessen und eingesperrt und starb unterernährt am 9. Februar 1948, einem Rosenmontag, an einer Lungenentzündung.
Karl Valentins Filme auf YouTube schauen:
Vor drei Jahren , 2021 stellte das Valentin-Karlstadt-Musäum viele Werke vom Großmeister des bayrischen Humors zum kostenlosen Stream auf YouTube.
Unter den verfügbar gemachten Perlen des Humors finden sich bereits einige Klassiker, aber auch kurze Dialoge, die bislang noch weniger bekannt sind. Wir haben für Sie ein paar Höhepunkte zusammengestellt. Ein weiteres Durchklicken durch das Angebot des Musäums-Youtube-Kanals lohnt sich aber auf jeden Fall.
1. Karl Valentin & Liesl Karlstadt: Die Orchesterprobe (1933)
Wie heißt es so schön? „Gelungene Kommunikation ist bloß ein Missverständnis, das nicht aufgefallen ist.“ Das beweist dieser bayerische Filmklassiker. Musiker und Kapellmeister geraten aneinander. Sprachverwirrung und Alltagswahnsinn werden hier von Karl Valentin und Liesl Karlstadt fulminant auf die Spitze getrieben.
2. Karl Valentin & Liesl Karlstadt: Mysterien eines Frisiersalons (1923)
Dieser Film, der in Zusammenarbeit mit Bertold Brecht entstand, mag manche Valentin-Fans überraschen. Ist er doch etwas surrealer und grotesker, als seine bekannteren Werke. Nicht umsonst schreibt das Musäum: „Vermutlich der erste Splatterfilm der Geschichte“.
3. Karl Valentin & Liesl Karlstadt: Im Schallplattenladen (1934)
Wer kennt es nicht? Da geht man in den Plattenladen um neue Grammophonnadeln zu kaufen und hinterlässt absolutes Chaos. Valentin brilliert hier als Urgewalt, die über einen Schallplattenladen herfällt. Karlstadt bietet ihm stoisch und verständnisvoll die Stirn. Aber sehen Sie am besten selbst.
4. Karl Valentin & Liesl Karlstadt: Der Firmling (1934)
Zum Abschluss noch ein absoluter Klassiker: Der Firmling und sein Vater besuchen zur Feier des Tages ein Weinlokal. Offensichtlich angetrunken, wollen sie nicht mehr so recht in das feine Lokal passen und das obwohl der gebrauchte Anzug des Firmlings ausgezeichnet sitzt.