29.10.2024
|
Rainer Germann
Ganz überraschend hat das Stadtcafé im Münchner Stadtmuseum letzten Sonntag geschlossen – auch der Traditionsgrieche Lucullus hört Ende Oktober auf
Dass in der Gastronomie ein stetiger Wechsel an der Tagesordnung ist, vor allem in einer Stadt wie München, in der sich Mietkosten, Personalmangel und Essgewohnheiten um die Wette jagen, ist kein großes Geheimnis. Jedes Jahr schließen dutzende Betriebe aufgrund der aufgeführten Kriterien.
Wenn es allerdings die Schließung von Tradition- und Kultlokalitäten betrifft, kommt man nicht umhin, ein bisschen wehmütig zurückzublicken. Nachdem letzte Woche bekannt geworden ist, dass die beliebte griechische Taverne Lucullus von Wirt Georgios Makris in Untergiesing zum Ende des Monats nach über 35 Jahren schließt, kommt jetzt die nächste Hiobsbotschaft, nicht nur für Menschen, die in den 1980er Jahren begannen, auszugehen: Das 1983 eröffnete Stadtcafé im Stadtmuseum hat ganz überraschend letzten Sonntag zugesperrt – alle 16 Mitarbeiter*innen bekamen dann ihre Kündigungen.
Stadtcafe hat geschlossen (c) Rainer Germann
Wie das auch bei jungen Leuten, auch aufgrund der superfairen Preise und des mittlerweile wieder angesagten Retro-Charmes einer Stadtteilkneipe, beliebte Lucullus, konnte sich auch das Stadtcafé über ein äußerst gemischtes Publikum freuen – auch wegen des Stadtmuseums, das mit seinen unterschiedlichsten Ausstellungen für Diversität sorgte, aber nun seit Januar geschlossen ist und langjährig renoviert wird.
Stadtcafé (c) Rainer Germann
Münchens Kunstschaffende, Bohemiens, Pressevertreter*innen und Kinofans sorgten über die Jahre für den Ruf des Cafés als „Intellektuellen-Treff“ – aber eben nicht nur. Die große Terrasse lockte Sonnenhungrige jeglicher Couleur auf den Sankt-Jakobs-Platz gegenüber der Hauptsynagoge, die bei Cappuccino und Pastis eine Auszeit genossen, auch wenn man sich manchmal etwas genervt von dem öfters unaufmerksamen Service zeigte. Unvergesslich der Ansturm am Faschingsdienstag, der bereits zu Zeiten des 1988 übernehmenden Wirte-Kollektivs unter Führung von Hans Zürrlein und Wolfgang Köck das Stadtcafé jährlich in ein Tollhaus verwandelte.
Wie schrieb Franz Kotteder in der SZ bereits 2011 zum 20jährigen des Stadtcafés: „Es ist eben eine einzigartige Mischung aus familiärem Stüberl, in dem man sich straflos anfrotzeln darf, und leicht unterkühltem Intellektuellen-Treff, wobei die Übergänge fließend sind. Und das ist ja, genau betrachtet, kein ganz schlechtes Abbild der Stadtgesellschaft.“
Geschäftsführer Otto-Gerhard Knoller-Weber gab nun bekannt, dass das Stadtcafé aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage und der lahmenden Konjunktur, wegen der Schließung des Stadtmuseums im Januar, der Renovierung und der damit einhergehenden Baustelle mit Verlust der Terrasse im Innenhof schließen muss. Es wäre möglich, wird Weber aktuell in der SZ zitiert, dass „jemand als Pop-up übernimmt“. Man darf gespannt sein – fest steht, dass mit dem Stadtcafé nun eben auch das erwähnte Abbild der Stadtgesellschaft verschwinden wird. Das gilt übrigens auch, wenn auch auf andere Art als Stadtviertelgrieche, für das Lucullus. Und das ist schade.