Münchens Museen im Oktober: Schwellenzustände

Im Oktober zeigen Münchner Kunstorte die Brüche der Moderne auf. Die Ausstellungshighlights des Monats.

Das Floß der Medusa von Karen Modrei, Mariko Takahashi und Stefan Winter im Pavillon 333 (17.10 – 3.11.) – die multimediale Rauminstallation und Performance basiert auf dem Gemälde von Thédore Géricault und bezieht sich auf die Szene eines Schiffbruchs vor Lampedusa am 3. Oktober 2013. Film- und Klanglandschaften von Takahashi und Winter erscheinen in einem Geflecht aus Stofffetzen, geschaffen von der Textilkünstlerin Modrei. In dieser Welt der Bilder und Geräusche rezitieren Stimmen in einer Live-Performance Namen und Daten von Menschen, die auf ihrer Flucht ums Leben gekommen sind. Während die Namen im Raum verhallen, fängt Karen Modrei ohne Unterlass diese mit ihrer Strickmaschine ein, hält sie fest und schafft ein Gewebe, das im Raum wächst und sich unaufhörlich ausdehnt. Die 90-minütige Performance findet an allen 15 Ausstellungstagen statt. Hinzu kommen Podiumsgespräche und Filmvorführungen. Genaueres hierzu in unseren Programmseiten.

Im Ausstellungstrialog „Liminal Zone – Zwischen Welten“ zeigt das Kunsthaus Kaufbeuren Werke des portugiesischen Künstlers Jorge Queiroz, des Schweden Andreas Eriksson und der jungen französischen Malerin Aelita le Quément. Erstmals im süddeutschen Raum wird das Schaffen der drei Künstler:innen institutionell und damit einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Einige der Werke entstanden eigens für die Ausstellung. Eine wesentliche Verbindung aller Drei findet sich im Umgang mit »Liminalität« als einem zentralen Aspekt innerhalb des jeweiligen Schaffens. Seit der Prägung des Begriffs in den frühen sechziger Jahren wurde dieser in verschiedenen Forschungsfeldern immer wieder diskutiert. Allgemein dient er zur Beschreibung eines Übergangs, eines mehrdeutigen bzw. auch eines Schwellenzustandes. In der bildenden Kunst stellt das Prinzip eines liminalen Transformationsraumes einen der interessantesten und vielseitigsten Ansätze dar, um eine spezifische Art der Abstrahierung eines Zustands und seiner bildlichen Darstellung zu vermitteln.

Dass Kunst immer auch engagiert ist, beweist Folke Köbberling mit ihrer Intervention Mash & Heal: München ist die am stärksten versiegelte Stadt Deutschlands, was nicht zuletzt an den vielen Autos liegt, die Straßen und Stellplätze brauchen. Die Berliner Künstlerin macht auf diese Problematik aufmerksam. An drei Stellen im Stadtgebiet (Europaplatz, Herzog-Wilhelm-Straße/Ecke Kreuzstraße (Nähe Sendlinger Tor) und Schleißheimerstraße 6/Ecke Dachauer Straße) werden ab 26. September drei großformatige SUVs zu sehen sein. Allerdings keine echten Autos, sondern hier handelt es sich um Nachbildungen, die aus kompostierbaren Verbundstoff, hergestellt aus nachwachsenden Rohstoffen, bestehen. Die drei Fahrzeuge werden sich an ihren Standorten nach und nach zersetzen, ehe sie im Oktober 2025 bei einer sogenannten Entsiegelungsperformance weggebracht werden. Bei dieser Performance bringen Freiwillige und Helfer*innen die Reste der SUVs zu einer entsiegelten Fläche. Das steht symbolisch für die pseudoreligiöse Verehrung des Autos und bricht sie ironisch. Hallelujah!

Flanieren zu Kunst kann man gut bei den offenen Ateliers in Sendling: Über 70 Künstler*innen an rund 40 Standorten, Malerei, Zeichnung, Collagen, Fotografie, Druckgrafik, Bildhauerei, Keramik, Schmuck, Textile Kunst, Illustration, Cyanotypie, Digitales, Rauminstallationen und die Gemeinschaftsausstellung »Zwischen …’tsvɪʃən« laden von 11. – 13.10. zum Entdecken ein.

Wenn’s frei ham, fahren’s doch in ebenjenen Stadtteil – Freiham – und entdecken Sie etwas Kunst. Sechs temporäre Projekte Münchner Künstler*innen kommentieren die Entwicklung des neuen Stadtbezirks, der nebenbei auch als Europas größte Baustelle gilt. Da gibt es Fotos von Ulrich Gebert, Pumuckl-Statuen von Julian Moboisse aka Bonnie Ton, einen Lightwalk von Vanessa Hafenbrädl & Matthias Stadler und das Dokumentarprojekt Unterwegs auf der Via spinosissima – Der alte Freihamer Weg von Elvira Auer. Genauere Ortsangaben in unseren Programmseiten.

Ein Junge im Matrosenanzug, eine Dame mit Barett und übergroßen Puffärmeln, ein Rabbiner mit aufgeschlagenem Gebetbuch. Das Jüdische Museum München zeigt in seiner Ausstellung Bildgeschichten. Münchner Jüdinnen und Juden im Porträt (Bis 2.3.2025) bekannte und vergessene Münchner Gesichter und fragt: Wer ließ sich von wem porträtieren? Wen wollte man darstellen? Die Werke aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert erzählen vom Selbstverständnis jüdischer Familien in München und ihrem Beitrag zur Stadtgesellschaft und zeigen die Vielfalt jüdischer Identitäten.

Letzter Monat! Auf einer Fläche von 2300 Quadratmetern werden bei House of Banksy – An Unauthorized Exhibition (Bis 27.10.) im B-TWEEN über 200 Motive des weltweit gehypten Street Artists gezeigt. Graffitis, Fotografien, Skulpturen, Videoinstallationen und Drucke auf verschiedenen Materialien wie Leinwand, Holz, Aluminium, Gips, Beton, Backstein und Plexiglas wurden eigens für diese Schau reproduziert und in einem aufwändigen und einzigartigen Setting zusammengetragen.

Zum Abschluss noch etwas Spaß für die gesamte Familie. Tutanchamun – Das immersive Ausstellungserlebnis im Utopia entführt Sie ab 9.10. laut Veranstalter „in das alte Ägypten, in dem die Götter des Pyramidenlands erwachten, und lässt die imposanten Tempel vor Ihren Augen wieder so beeindruckend und farbenprächtig auferstehen, wie zur damaligen Zeit. Die immersive Geschichte führt in eine faszinierende Zivilisation, die uns bis heute mit ihren im Wüstensand verborgenen und im Wasser des Nils zerfließenden Rätseln in ihren Bann zieht.“