Mittwoch, 23.10.2024
17:00 Uhr – 19:00 Uhr
BELLEPARAIS_RAUM FÜR KUNST, Schellingstr. 54, 80799 München
Ausstellungen / Galerien
Valio Tchenkov
»Hypnotizing the Tree«, Neue Gemälde und Arbeiten auf Papier.
Valio Tchenkov (*1966, Bulgarien) ist ein misstrauischer Künstler. Seine Lebensgeschichte ließ ihn repressive Systeme erfahren und ihnen entfliehen. Jegliche Anzeichen von zu weit gehender Kontrolle und Einschränkung der Äusserungsfreiheit lösen in ihm Alarmglocken aus. Künstlerische Zuflucht fand er seinerzeit an der Münchner Akademie der Bildenen Künste in der Klasse von Helmut Sturm, nachdem er bereits an der Kunstakademie in Sofia studiert hatte. Jetzt ist er seit über 30 Jahren hier. Seine Freiheit und sein Entfaltungsraum sind ihm heilig. Alles, was seinen Vorstellungen von Humanität und dem gesunden Menschenverstand entgegensteht, was Regeln willkürlich implementiert und Regelverletzungen drakonisch bestraft, ist ihm Gegenstand spöttischer Kritik, aber entbehrt nie einer hoffnungsfrohen Zuversicht nach dem Motto »schlimmer geht immer«.
Am meisten misstraut er seiner eigenen Malerei, ihrer automatisierten Virtuosität, ihrer emotionalen Expressivität, wenn sie zu durchschaubar wird. Zugleich sind ihm Banalität und Emotionalität fröhliche Gefährten auf dem Spielfeld zwischen Figuration und Abstraktion. Bevor in seinen Arbeiten ein Baum in der Landschaft erscheint, wird er hypnotisiert, und wenn dann die Imagination zumindest leidlich damit zufrieden ist, was die Hand mit dem Pinsel macht, ist der Baum dran, zu hypnotisieren. So entsteht ein Wechselspiel inkommensurablen Ausmaßes und vermeintlicher Absurdität. Auch Unordnung kann Energie hervorbringen, ein Faible für den Zufall trägt dazu bei.
Tchenkovs Arbeiten sind keine leichte Kost: Sie sperren sich der Oberflächlichkeit belangloser Event-Kultur und Erklärungsbeflissenheit. Sie integrieren Spielzeuge, Plastikfiguren und Folien. Koffer oder ganze Autokotflügel werden zu Bildträgern und transportieren einen bissigen Humor. Tchenkovs Bild-Zusätze verlassen den aufgezogenen Bildraum der Leinwand, brechen ihn und während sie in die Gegenwärtigkeit springen, werden sie am Bild fixiert – selbst, wenn es sich um einen Transportgurt handelt. Eine schwierige Frage ist, was genau den Stop in einem Gemälde bedingt? Aber sie ist irrelevant, denn Betrachtende machen sowieso je nach Erfahrungshorizont und Wahrnehmungsfähigkeit mit dem weiter, was ihnen angeboten wird. Ein wenig ähneln Tchenkovs Bilder Kommentatoren und Whistleblowern mit wohlplatzierten Enthüllungen einer Melange aus Außen- und Innenwelt. Wahrnehmung lässt sich sensibilisieren, und letztlich wird ein Gemälde von Tchenkov zu den weitschweifigen Gedanken eines jeden werden, der sich mit ihnen umgibt (bis 9.11.)
Darüber hinaus wurde Valio Tchenkov von einer internationalen Jury des Vereins Various Others ausgewählt, einen Raum am Zwischennutzungsort SCHILLERSTRASSE 38 zu bespielen, »Carrying the Earth to the Sky« nennt sich die Ausstellung, die Magdalena Wisniowska kuratierte (bis 29. September).
(Veranstaltertext)
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