Rustikaler Charme mit frischem Anstrich: Haxengrill

Stadtlokal Haxengrill: Krosse Klassiker

Der Haxengrill in der Innenstadt bleibt eine Münchner Institution – ein frischer Wind weht zum Glück durch Haus und Küche

Das Münchner Stadtlokal in der Sparkassenstraße ist Teil eines schon im 14. Jahrhundert erwähnten historischen Gebäudes, dem Scholastikahaus, das mittlerweile gern als exklusive Eventlocation wird. Im Erdgeschoss befand sich der bis vor einem Jahr von der Kuffler-Gruppe betriebeneHaxenbauer, der nun nach aufwendiger Renovierung durch die Augustiner Brauerei und den neuen Betreibern Moritz Haake (St. Ribs) und Werner Hochreiter (u.a. Biergarten und Hochreiter am Viktualienmarkt, Wiesnzelt „Zur Bratwurst“) als Haxengrill in diesem Herbst wiedereröffnet wurde. Ziel sei es, so Hochreiter, auch den Münchnerinnen und Münchnern die Haxen wieder schmecken zu lassen – der Gastronom freut sich, dass das Verhältnis Einheimische und Touristen mittlerweile bei rund 40 zu 60 Prozent liegt – früher wären es eher fünf zu 95 gewesen.

Auch dass die Lokalität, die weltweit in fast jedem München-Stadtführer gelistet ist, ab dem ersten Tag nach der Wiedereröffnung praktisch voll besetzt war, zaubert dem Wirt ein fast staunendes Lächeln aufs Antlitz. Millionen wurden, laut Hochreiter, größtenteils seitens der Brauerei investiert, und: es hat sich gelohnt. Dem rustikalen Charme der Großgaststätte wurde ein geschmackvoller, frischer Anstrich verpasst; im hinteren Teil lädt eine Art Schwemme-Bar zur Hopfenkaltschale, links neben dem Eingang sitzt man nicht ungemütlich im „Grill“ mit Blick auf die offene Küche und dem Objekt der kulinarischen Begierde: ganz speziell marinierte Haxen drehen sich hier, die in zweieinhalb Stunden zu krossen Köstlichkeiten für Fleischliebhaber von nah und fern gegart werden. Es wird Zeit, ein bisschen was zu probieren. 

Dienstagabend, kurz vor 18 Uhr: Leider wäre kein Platz mehr frei für drei Personen im Hauptraum, aber einen schönen Ecktisch im Grill könnte der freundliche Mann am Einlass, den es hier auch wirklich braucht, anbieten. Ein ebenfalls gut gelaunter junger Kellner bringt uns die Karten, die erste Bestellung ist auch ohne möglich: Helles vom Holzfass (4,30), bestens temperiert, begleitet die Auswahl aus einer zweisprachigen Karte, die als Platzgedeck dient und durch eine etwas umfangreichere Standardkarte ergänzt wird. Neben etlichen Brotaufstrichen, Brotzeittellern, Suppen und Salaten konzentriert sich die Küche aufs Wesentliche: Haxen in diversen Variationen und Größenordnungen vom Schwein und Kalb, ergänzt durch ein paar bayerisch-deutsche Klassiker und eine ordentliche Auswahl an fleischloser Kost wie Pinsa mit Schmand, Blaukraut, Orange und Rohmilchkäse (16 Euro), Steinpilzravioli (18,50 Euro) oder vegetarisches Gröstl (14,40 Euro). Zum Bier bestellen wir die hausgemachte Haxengrill-Sülze (14,50) auf einem süß-sauer mit Senfdressing angemachten Blattsalat mit Radieschen, dazu geröstetes Brot und frischer Kren. Ein gelungener Einstieg, der Appetit auf die Hauptakteure macht: die Portion Schweinshaxe mit Fasssauerkraut, Kartoffelpüree und Dunkelbiersoße (16,50) konnte überzeugen, die Haut kross, vielleicht war das Kraut ein bisschen arg cremig, schmeckte dafür aber schön nach Speck. 

Auch die Kalbshaxe eine gute Portion, das Fleisch auf den Punkt gegart, die Soße dazu stimmig, vielleicht war ein bisschen viel Sahne im Rahmwirsing. Ein Ausreißer war das Böfflamott (22,50), ein Alt-Münchner Spezialität, die als „Boeuf à la mode“ mit Napoleons Truppen Anfang des 19. Jahrhunderts nach Bayern gekommen ist. Die hier gereichte Version hatte (leider) wenig mit dem Rinderschmorbraten in sämig-säuerlicher Soße meiner Großmutter zu tun, sondern erinnerte auch aufgrund der glasierten, dunklen Soße und dem wirklich superzarten, schön geliertem Fleisch eher an geschmorte Rinderbäckchen. Selten eine Themaverfehlung erlebt, die so gut schmeckte. Als Abschluss dann ein Kaiserschmarrn mit Mandeln, Zwetschgenröster und Apfelkompott (12,90)  – ebenfalls richtig gut.

Fazit: Sehr ordentliche bayerische Küche, die man in der Innenstadt zu (vorerst) diesem Preis eher seltener findet. Leider gilt das nicht für Wein: ein Glas Grüner Veltliner oder Merlot kostet um die zehn Euro. Da hält man sich am besten ans gute Bier und die krossen Haxen – und endlich kann man hier auch als Einheimischer hingehen! Auch wenn es trotzdem Spaß macht, den Japanern und Amerikanern beim Abfieseln und Maßkrug stemmen zuzuschauen …

Autor: Rainer Germann

Haxengrill im Scholastikahaus, Sparkassenstraße 6
Mo-Do: 11 bis 23/Sa, So: 11 bis 1 Uhr, Tel.: 089 244 146 580, www.haxengrill.com