Der Münchner Produzent und DJ Innellea tritt am Samstag im Kesselhaus auf, um der Welt sein neues Album „The Belonging“ vorzustellen. Wir baten ihn im Vorfeld zum Interview.
Drei Singles – zuletzt der Breakbeat-Track “Forward Forever” mit der tiefen Stimme des englischen MCs Flowdan – boten in den vergangenen Monaten schon mal einen feinen Vorgeschmack auf das Debütalbum “The Belonging” vom Münchner Producer Innellea. Am 9. Februar ist es so weit. Dann erscheint das Gesamtwerk, das mit weiteren spannenden Kollaborationen wie mit dem britischen Duo CamelPhat und der schwedischen Indie-Sängerin Karin Park glänzt.
Parallel zum Album geht Michael Miethig, wie Innellea mit bürgerlichem Namen heißt, auf eine ausgedehnte Tour. Den Auftakt dazu macht er natürlich in seiner Heimatstadt – und zwar am Samstagabend im Kesselhaus. Weitere Auftritte sind u.a. in Kairo, Dubai und New York geplant. Daran sieht man schon, dass Innellea weltweit als Liveact gefragt ist. Auch hier wird die Publikumsresonanz immer größer. Der Vorverkauf lief glänzend, zuletzt waren nur noch unter 100 Tickets zu haben. Da heißt es also schnell sein! Als Special Guests stehen in dieser Nacht außerdem der holländische Melodic-Techno-Producer Colyn, der Münchner Afterlife-Labelbotschafter Yubik und die ebenfalls hier beheimatete DJ und Synth-Phonikerin Danca hinter den Decks.
Hallo Michael, du gehst ab Februar weltweit auf Clubtour. Bist du schon aufgeregt oder sind die Gigs vor Hunderten Menschen inzwischen fast schon Routine für dich geworden?
Hey, ich freue mich einfach mega darauf, dass es nach all dem Planungsprozess endlich losgeht. Die Tour ist, um genau zu sein, aber keine Clubtour, sondern findet ausschließlich in Konzertvenues mit Kapazitäten zwischen 2500 und 15000 Personen statt. Das Albumkonzept mündet in einem Stage-Design mit Licht- und Visual-Konzept, welches für die meisten Clubs einfach zu groß ist.
Der Auftakt der Tour findet am 3. Februar im Kesselhaus in deiner Heimatstadt München statt. Uns kommt es manchmal so vor, dass dich hier in der Stadt gar nicht so viele auf dem Schirm haben. Täuscht das?
Meine letzte Show in München war vor genau einem Jahr im Blitz. Sie war ausverkauft und als ich ankam, bin ich auf eine crazy lange Schlange getroffen, die bis zum Deutschen Museum ging. Ich bewege mich aber definitiv in einer vor allem in Deutschland noch nischigen Szene, daher ist es schwer, mich mit kommerziellen Künstler*innen zu vergleichen.
Wie beurteilst du momentan den Output der elektronischen Musikszene in München und das Nachtleben?
Ich denke, dass es wieder viele junge Kollektive gibt, die eigene Veranstaltungen organisieren und mit Liebe zum Detail ihre eigenen Bühnen bauen etc. So haben wir damals auch angefangen. Wir wollten einfach gemeinsam was Cooles schaffen, wo sich so viele Leute wie möglich identifizieren und sich wohlfühlen können. Musikalisch fällt mir das aber sehr schwer zu bewerten, da es so viele Subgenres gibt, mit denen ich mich nicht zwingend auseinandersetze. Betrachte ich nur mein Genre (Melodic Techno, Breakbeats, Electronica), muss ich sagen, dass ich das Gefühl habe, dass München hier ein bisschen stagniert.
Im Februar kommt auch ein neues Album von dir heraus, “The Belonging”, was man mit Zugehörigkeit übersetzen kann. Was bedeutet das bei dir konkret?
Das Album befasst sich mit dem Ausbruch aus der Deformation über die Transformation in die Katharsis. Die Deformation beschreibt ein negatives, toxisches und verformendes Umfeld. Es ist ein Ort, an dem die Selbstbeobachtung im Mittelpunkt steht, an dem man sich mit der Komplexität seiner inneren Welt auseinandersetzt. Die Frage „Where do I belong?“ ist ein Echo auf die zeitlose Suche nach Sinn und Verbindung. Es kann jeden ansprechen, der sich schon einmal mit seinem Selbstverständnis und seinem Platz in der Welt auseinandergesetzt hat.
Die Transformation stellt den Abschnitt dar, in dem man erkennt, dass es einen Ausweg aus diesem toxischen Umfeld gibt, es aber super viel Kraft kostet diesen Weg zu gehen. Ein Kampf zwischen Festhalten und Loslassen.
Die Katharsis – ein starkes Gefühl der Vollendung, das Gefühl, die emotionale Landschaft durchquert zu haben. Die Idee der „Resonanz der Zusammengehörigkeit“ deutet auf eine gemeinsame Erfahrung hin, auf eine Verbindung mit anderen, die ähnliche Wege gegangen sind.
„I belong in here!” ist eine durchschlagende Bestätigung, seinen Platz zu finden, an einem Ziel anzukommen, das sich wie ein Zuhause anfühlt, und die Erkenntnis, dass wahre Zugehörigkeit von innen kommt.
Erzähl bitte mal ein bisschen, wie das Album entstanden ist und welche Kooperationen du dafür eingefädelt hast!
Das Album entstand während der letzten zwei Jahre. Bei allen Songs auf dem Longplayer handelt es sich um Stücke, bei denen ich jegliche Trends und Normen beiseitegelegt habe und mich einfach nur auf den Kern des Musikmachens fokussiert habe, nämlich auf Spaß und auf Gefühle. Das merkt man wahrscheinlich auch am Genre-Hopping. Auf die Collabs bin ich sehr stolz, da es sich hierbei um wahnsinnig tolle Künstler*innen aus verschiedenen Genres handelt. Flowdan, die UK-Grime Legende, Karin Park aus Schweden, welche Teil einer Rockband ist, Paris Paloma, eine Singer-Songwriterin aus London, Jay Starr, eine Rapperin aus Los Angeles, Monolink, Colyn, Camelphat, Yubik, Maurice Kaar, Aparde, Juan Hansen und last but not least Braev. Alle sind unglaublich gute Musiker*innen!
Das Video zur Single “Silence” ist ja echt beeindruckend und bewegend. Wer hat das gedreht und wo ist es entstanden
Dankeschön! Regisseur ist mein Freund Marco Fumolo aus München und “Silence” ist ein autobiografisches Werk seinerseits. Beide Musikvideos (Silence und Forward Forever) wurden in München gedreht, was ich supercool finde.
Wie hast du deinen Stil auf dem Album weiterentwickelt, wie würdest du das beschreiben?
Auf jeden Fall würde ich sagen, dass eine Weiterentwicklung zu hören ist. Ich habe mich auf dem Album von vielen Seiten gezeigt und auch verletzliche Schritte gewagt, wie zum Beispiel bei “So Far So Near” zu hören ist. Hierbei handelt es sich um meine erste Ballade, welche ohne Drum-Elemente und mit meiner eigenen Stimme funktioniert. Ich würde die Weiterentwicklung als mutig, eher zeitlos und nicht trendorientiert und mit Passion beschreiben.
2022 hast du deine EP mit dem Titel “Distorted Youth” herausgebracht. Aus dem Namen wird jetzt ein eigenes Label, haben wir das richtig gelesen? Erzähl mal!
Ich denke, dass wir alle Produkte unserer Jugend sind, welche durch Konflikte, Probleme etc. unseren finalen Charakter bestimmen. Diese Entwicklung wirkt oft verzerrt, wenn man darauf zurückschaut. Mit dem Label möchte ich noch ca. zwei eigene EPs veröffentlichen und dann mache ich es für andere Künstler*innen zugänglich. Es gibt so unglaublich viele talentierte Menschen und ich hab derbe Bock drauf gemeinsam mit anderen Künstler*innen Geschichten zu erzählen, die die Menschen abholen und berühren.
Dein Künstlername ist ungewöhnlich. Wie bist du ursprünglich darauf gekommen und welche Bedeutung hat er eigentlich?
Wir waren damals dazu gezwungen, einen Künstlernamen für unseren Soundcloud-Account anzugeben. Wir haben so lange mit unseren beiden Namen rumgespielt, bis wir etwas hatten, was elegant klingt und dabei noch schön aussieht.
Anfangs war Innellea ja ein Duo, jetzt bist du der alleinige Kopf. Inwiefern fühlst du dich jetzt freier oder ist ein Partner auch immer ein gutes Korrektiv beim Musikmachen?
Ich denke, es kommt ganz darauf an, wie man arbeitet. Den größten Vorteil an einem Partner oder einer Partnerin sehe ich darin, dass Arbeit besser aufgeteilt werden kann und somit eine bessere Effizienz entstehen kann. Außerdem macht es sehr viel Spaß, Meilensteine gemeinsam zu erleben und mit jemandem zu teilen.
Herzlichen Dank für das Interview und ganz viel Erfolg auf der Tour!