Von wegen Flüstern: Diese Stimmen schaffen sich kraftvoll Gehör
Hände in den Schoß und seufzen: Stephan Schäfer, lange einer der ersten Journalisten und dann auch noch Geschäftsführer des mehr oder weniger abgewickelten Verlags Gruner + Jahr in Hamburg, hat zuletzt eine unglückliche, sorgenfaltige Figur abgegeben. Seinen Job ist er los, jetzt hat er Zeit. Also erzählt er in „25 letzte Sommer“, seinem Debüt-Roman, eine Landliebegeschichte vom Traum, vielleicht doch lieber Kartoffeln anzubauen. Pilchereskes im Kafka-Jahr! (Literaturhaus, 1.7.)
Klischees entgegentreten und das ziemlich selbstbewusst (sowie in teilweise ungewöhnlicher Sprachfärbung) möchte der „transalpine Podcast“ der „Zeit“: Lenz Jacobsen lässt sich von seinen Kollegen Matthias Daum und Florian Dauser, Korrespondenten der norddeutschen Zeitung in Zürich und Wien, berichten, wie Österreicher und Schweizer ticken und was sie über diese sonderbaren Deutschen denken. Sehr launig! (Volkstheater, 3.7.)
Abseits der Weltöffentlichkeit: Ronya Othmann schaut dorthin, wo andere sich gerne abwenden. Und das nicht nur in ihren „taz“-Kolumnen, sondern auch in ernsten, sicher eher sperrigen, aber wichtigen Romanen. „Vierundsiebzig“ erzählt von den eben genau 74 Pogromen, die Jesiden im Lauf der Geschichte bereits erleiden mussten – aktuell zuletzt im Jahr 2014 in Shingal durch mörderische IS-Truppen. (Literaturhaus, 3.7.)
Stadtgeschichte des Grauens: Adolf Wagner, in NS-Zeiten Gauleiter, Innen- und Kultusminister in Bayern, gilt als der Despot von München. Er war führend am Aufbau des KZ-Systems und damit der systematischen Ermordung von Mitmenschen beteiligt. Brigitte Zuber blickt auf seinen unheilvollen Aufstieg im Buch „Der Gauleiter“. (Seidl-Villa, 3.7.)
Dating soll ja angeblich leicht und locker sein. Die Realität sieht ganz anders aus. Und alte eklige Rollenmuster halten sich zäh. Lina Ehrentraut erzählt in „Doggy“ mit zackigem Comic-Strich von der Großstadt-Einsamkeit. (HP8 Stadtbibliothek, 4.7.)
Aufgewachsen ist sie in Luxemburg, eingeklemmt zwischen Deutschland und Frankreich. Léa Linster, die Spitzenköchin, die schon 1987 mit einem Michelin-Stern geadelt wurde, weiß ganz genau, wie viel Kultur in der Küche und wie viel Lebensfreude im Genießen steckt. Eine Diplomatin, die viel zu erzählen hat! (Literaturhaus, 8.7.)
Auf dem hinteren Salvatorplatz hat die Familie Mann von Albert Coers ein neues Denkmal erhalten. Eine schöne Gelegenheit, den schrecklich netten Clan bei einer Literarischen Apéro-Sommerreihe näher unter die Lupe zu nehmen. Los geht’s mit Stefan Merkis Lesung aus „Der Tod in Venedig“ vom ollen Thomas. (Literaturhaus, 9.7.)
Erika Mann war als Autorin, Journalistin, Kabarettistin, aber auch als Rennfahrerin ihrer Zeit oft weit voraus: Die Publizistin Carolin Emcke übernimmt in ihrem Namen die diesjährige „Erika Mann Lecture“- Reihe an der LMU. Hoch spannend und immer politisch! (LMU, mit Anmeldung unter www.erika-mann-lecture.de, 10.7.)
Ebenfalls vorbildlich frei denkend: die mutigen Frauen, die Auswege aus Krieg und patriarchaler Unterdrückung suchten. Female Peace Palace, das gemeinsame Veranstaltungsprojekt von den Kammerspielen und Monacensia, mündet nun in ein einem Leseband, den Anke Buettner, Olivia Ebert und ihre Mitstreiterinnen vorstellen. (Kammerspiele, 11.7.)
Aus den Papiercontainern von Wien hat er Inspirationen für seine Romane gezogen – Notizzettel, Liebesbriefe, Tagebücher. Doch erst mit „Das glückliche Geheimnis“ hat Arno Geiger sich zum Tonnentauchen bekannt. (Katholische Akademie in Bayern, Mandlstr. 23, 11.7.)
Kommt jetzt die große Arbeitsentlastung? Oder doch eher: Entrechtung, Demokratie-Erosion, neue Ausbeutung? Miriam Meckel und Léa Steinacker kennen sich mit KI aus und stellen ihr neues Buch „Alles überall auf einmal“ vor. (Literaturhaus, 11.7.)
Nanu, was geht ab? Helene Bockhorst erzählt im Roman „Bockhorst“ von der Tiertherapeutin Berenice, die angeblich mit Pferden telepathisch Kontakt aufnehmen kann. Behauptet sie zumindest. Doch dann meldet ich eines Tages ein sprechendes Pony bei ihr. (Vereinsheim, 16.7)
Hört auf Villach: Von dort kommt Estha Sackl, die Drittplatzierte der Österreichischen Meisterschaften. Sie ist internationaler Stargast beim neuen Isar Slam mit den besten Slam-Poetinnen und -poeten sowie mutigen Rookies. (Muffatwerk, 22.7.)
Kraftlackl Oskar Maria Graf hat feinfühlige Frauenfiguren geschaffen. Als Verneigung vor seinem 130. Geburtstag verneigen sich nun Andrea Heuser und Markus Ostermaier in der „Über Mütter“-Reihe vor dem Münchner Autor. Ruth Geiersberger liest, Maxi Pongratz spielt auf! (Literaturhaus, 22.7.)