Iran, Georgien, Revü und Underdox Halbzeit
Nicht verpassen! Das 2. Iranische Dokumentarfilmfestival München präsentiert ein spannend kuratiertes Programm mit 15 Filmen, darunter The Football Aficionado, über Zahra, die unbedingt bei jedem Spiel von Persepolis Teheran dabei sein muss, und sich, weil‘s Frauen ja verboten ist, eben als Mann verkleidet. Silent House erzählt von drei Generationen einer iranischen Familie, die in einem hundert Jahre alten Haus in Teheran leben. Tonight’s Homework nimmt sich Abbas Kiarostamis „Homework“ zum Vorbild und fragt, was sich seither für Eltern und Schüler geändert hat. „Slowly forgetting your faces“, schreibt der ältere Bruder an seine jüngeren Geschwister, die nun schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben. Zusammen mit Vater und Onkel erforscht der Münchner Regisseur Daniel Asadi Faezi die Familiengeschichte, widergespiegelt in Briefen aus den Tagen der Revolution und der Flucht in den Westen. Sanaz Sorabhi beschäftigt sich in One Image, Two Acts und Scenes of Extraction mit British Petrol, die Mensch und Land vermessen und ausgebeutet – und in den Öl-Städten Kinos errichtet haben. Die erste Film-Kamera kam 1900 ins Land, From a distant time reflektiert, was die Bilder zeigen, die bis 1979 gefilmt wurden. Und mehr. (Werkstattkino, Do 30.05. bis So 02.06.)
„Gesten der Avantgarde“ bietet die Underdox Halbzeit mit einem Schweizer Doppel. Tula Roy gehört zu den profiliertesten Frauen der Schweizer Filmszene, mit ihren Milieustudien im feministischen Underground hat sie Filmgeschichte geschrieben. Lady Shiva alias Irene Staub inszenierte sich im Zürich der 1970er als glamouröse Prostituierte. Der Film zeigt ihren Alltag, die Tonspur erzählt eine andere Geschichte. Peider A. Defilla ist einer der herausragenden Videopioniere der europäischen Avantgarde, Komponist und Arrangeur der Video-Oper. (Filmmuseum, Do 6.6.)
Revü ist ein (Münchner) „Flugblatt für Film“ – mit Essays über das Sehen, Machen und Zeigen von Filmen. Viele ihre Autor*Innen studier(t)en an der Münchner Filmhochschule. Zur Feier der neuesten Ausgabe (u.a. mit Beiträgen über Sohrab Shahid Saless, „Als wir tanzten“, „Orlando, meine politische Biographie“ oder das National Film Institute von Papua Neuguinea!) gibt’s einen Abend rund um Yvonne Rainers legendären Privilege (siehe Aufmacherbild) aus dem Jahr 1991, einem Doku-Essay zu den Themen Vergewaltigung, Rassismus, Menopause, mit Stimmen u.a. der Abrüstungsadvokatin Helen Caldicott oder Black Panther Eldrige Cleaver. (Theatiner Filmkunst, Fr 7.6.)
Bei den Georgischen Filmtagen läuft, klar, Elene Naverianis zärtlich skurrile Dramödie Amsel im Brombeerstrauch mit der wunderbaren Eka Chavleishvili als unbeirrbar freier, 48 Jahre alter Jungfrau – die, angesichts Eteros, eines liebenswerten Mannes, von ihren Grundsätzen lässt und den Zauber der Liebe entdeckt. Mancher Ungeheuerlichkeit lässt sich nur mit satirischem Witz begegnen, wie in Luka Beradzes Doku Smiling Georgia, der von der gleichnamigen Wahlkampagne erzählt, bei der die Regierungspartei den ärmsten Wählern – im Gegenzug für ihre Stimme – neue strahlende Zähne versprach. Zahnärzte begannen, Hunderten die schlechten Zähne zu ziehen. Nach der verlorenen Wahl war das Wahlversprechen vergessen. (Fr 14. bis So 16.6. Werkstattkino)