Stimmige Atmosphäre auf mehreren Ebenen: Puro bar e cucina

Puro: Familiäre Erinnerungen

Ein Besuch im Puro bar e cucina in der Nymphenburger Straße ist eine Genussreise in den Süden

Dienstagabend, volles Haus – das ist keine Selbstverständlichkeit mehr in München, auch nicht in einer guten Gegend mit zahlungskräftigen Gästen. Das Puro bar e cucina ist ein Stadtteil-Italiener der „besseren“ Sorte, wurde berichtet, und fürwahr, ein gediegenes, gut situiertes Publikum sitzt an den 60 Plätzen des auf drei Ebenen bestuhlten Restaurants (auf der Terrasse gibt es nochmal 80 Plätze). Allein die Location ist ungewöhnlich: Wirt Angelo Monaco erzählt, früher wäre hier eine Apotheke beheimatet gewesen, danach ein kurzes Intermezzo von einem Café, dann Leerstand, bis er es 2017 übernommen hat. Zuvor war der in der süditalienischen Region Basilikata geborene ausgebildete Koch acht Jahre als Küchenchef in der berühmten Osteria Italiana in der Schellingstraße tätig gewesen – Jahre, die Angelo nicht missen möchte, hat er doch vieles dort gelernt und manches, wenn auch nicht alles, auch in sein eigenes Restaurant mitgenommen. Auch Leute in Jeans wären im Puro willkommen, davon sieht man wenige an den Nebentischen, glaubt ihm aber aufs Wort. Wie sich herausstellen wird, findet man auf dem Teller einfache italienische Küche auf hohem Niveau vor, die Tradition mit Moderne verbindet. Das gilt auch für das Lokal: moderne Kunst neben alten Vespas, eine Weinpresse neben einer Designerlampe. Familiäre Erinnerungen seien das, meint Angelo, und das gilt nicht nur für die Vespa.

Raffinierte Pasta und Pinsa Romana

Die Standardkarte bietet Antipasti wie Oktopus-Carpaccio mit Grapefruit und Mousse di Avocado oder Artischocken vom Grill, diverse Salate und Pastagerichte (alles zwischen 6,50 und 15 Euro), zum Beispiel Ravioli mit Auberginen, Minze, Ricotta auf Kirschtomatensoße oder Strozzapreti mit Kalbsragout und gemischten Pilzen. Es gäbe auch die immer beliebtere Pinsa Romana, einen Vorläufer der Pizza, in diversen Variationen. Wir konzentrieren uns aber auf die Tageskarte, die je drei Vorspeisen und Pastagerichte (die Nudeln sind alle hausgemacht, wird uns von dem sehr engagierten Service versichert), drei tagesaktuelle Pinsa-Varianten, zwei Fisch- und drei Fleischgerichte bietet. Das Fleisch stammt aus der Region, in diesem Fall aus Murnau, erklärt Angelo, darauf legt er Wert. Es geht los mit selbstgebackenem Brot mit Fenchel und einer Kräutercreme, dazu wird Olivenöl und Meersalz gereicht. Die Karte führt rund ein Dutzend offene Weine auf (0,1 um die 4,50 Euro), sowohl der Verdicchio die Castelli di Jesi wie auch ein Roero Arneis konnten überzeugen und passten sehr gut zu der kleinen Portion Ravioli mit Kürbis, Salbeibutter, Amarettini und Parmesancreme (normal 16,90, kleine Portionen drei Euro weniger bei allen Pastagerichten). 

Heimat auf dem Teller 

Die hausgemachten Strascinati mit Perperoni Cruschi, Caciocavallo-Käsesoße und Brotbrösel (14,90) sind ein Gericht aus seiner Heimat, erklärt Angelo, wie es seine Oma immer zubereitet hätte. Ein schönes Beispiel für die Philosophie des Hauses: die cucina povera wird durch beste Produkte und Kochkunst auf eine neue Ebene gehoben – ohne Chichi aber mit schöner Tellersprache. Von der Käsesoße hätte es ein bisschen mehr sein können, aber ansonsten ein Genuss, den man hierzulande eher selten bekommt. Das galt nach einem Weinwechsel zu Sauvignon Collio von Vigna del Lauro und einem Trebbiano di Lugana von Bulgarini auch auf den folgenden Fischgang, Steinbuttfilet mit Kartoffelkruste auf Mangold (25,90). Die zwei schönen Tranchen des Edelfisches waren auf den Punkt auf der Haut gegart, die Kartoffelkruste hatte einen würzigen Biss, ohne den feinen Geschmack zu erschlagen. Bolito misto ist nicht jedermanns Sache, aber wenn es auf der Karte steht, sollte man in einem Lokal wie dem Puro zugreifen: In einem tiefen Teller waren ganz klassisch Stücke vom Tafelspitz, Kalbszunge, Kalbskopf, Cotechino (Schweinefleischwurst) und ein kleiner Hühnerschenkel auf etwas Brühe mit Gemüse angerichtet, dazu gab es eine sehr gute Salsa Verde, der Frankfurter Grünen Soße nicht unähnlich. Ein kleiner Nachtisch musste noch sein bei dieser Genussreise in den Süden, und da gerade Ado Campeol, der angebliche Vater der Tiramisu mit 93 Jahren verstorben ist, fiel die Wahl nicht schwer. Das kleine Türmchen erfüllte alle Erwartungen, dazu gesellte sich ein köstliches Pistazien-Halbgefrorenes. 

Fazit: Dem Puro bar e cucina eilt zu recht ein guter Ruf voraus, das Niveau liegt auch auf einer Ebene mit den besten italienischen Lokalen dieser Stadt, natürlich hat auch hier die Qualität ihren Preis. Die Atmosphäre ist klassisch „italomonaco“, aber ohne die große Pfeffermühle: ein bisschen Lokalkolorit, ein bisschen „professore“ – aber immer sympathisch und herzlich.

Autor: Rainer Germann

Puro bar e cucina, Nymphenburger Str. 191
Di bis Fr: 11.30-15/18-22 Uhr/Sa: 18-22/So: 11.30-22 Uhr
Tel.: 089 665 49 970; www.puro-bar-cucina.de