Das historische Wirtshaus Mesner Gütl am Tegernsee ist wieder einen Ausflug wert seit Julia Sedlmeyr und Rudi Färber am Herd stehen
Und jetzt noch eine letzte Kurve, vorbei an den Trachten-Touri-Lüftlmalerei-Hochburgen Gmund und Tegernsee, am Monte-Mare-Seebad und unzähligen Geranien bestückten Balkonen, an Haferlschuh- und Gucci-Loafers-Rentnern, an Landhausdirndl- und Polo-Ralph-Lauren-Trägerinnen und überhaupt an dem ganzen Rund-um-den-Tegernsee-Wahnsinn; und dann in Rottach-Egern rechts rein und am Seeufer entlang. Und da liegt es schon, das Wirtshaus Mesner Gütl links oben, angenehm verhalten in seiner Anmutung, die Sonnenterrasse mit Blick auf den See ein Traum, nein, ein Versprechen.
Das historische Anwesen wurde erstmals Anfang des 12. Jahrhunderts als Teil des Tegernseer Klosters erwähnt, diente nicht nur dem namensgebenden Mesner im Laufe der Jahrhunderte als Wohnsitz, um 1700 kam die Branntweinlizenz, fünfzig Jahre später ist es dann abgebrannt. Wieder aufgebaut als Gastronomie und Hotellerie, seit 1895 unter dem Namen Mesner Gütl, war Begegnungsort von Prominenz (u.a. Ludwig Thoma, Olaf Gulbransson, Tony Curtis) und Sommerfrischler aus der Landeshauptstadt und dem Rest der Welt. Bis in die 1970er, 80er und 90er noch recht erfolgreich, danach wurde es eher ruhig um die Traditionsgaststätte
Nach Übernahme und einer Kernsanierung Ende 2022 durch die Augustiner Brauerei ist das Wirtshaus seit letzten Herbst unter neuer Führung alter Bekannter: Mit Julia Sedlmeyr, Tochter des Gastronomen und Hoteliers Stefan Grosse (Blauer Bock), und Ex-Sedlmair-Wirt Rudi Färber ist hier ein Gastro-Duo am Start, das sich perfekt ergänzt. Julia Grosse konnte bereits als Blauer-Bock-Restaurantleiterin und innovative Gastgeberin ihrer „New Generations“-Reihe Gastroerfahrung und –erfolge feiern, dass sie einst im Sedlmair, der für seine „echte“ Münchner/Bayerische Küche bekannt war, bei Rudi Färber gelernt hatte, und die beiden jetzt Wissen und Erfahrung am Tegernsee teilen, ist eine Gastrogeschichte, wie sie das Leben schreibt.
Das Mesner Gütl ist ein Familienbetrieb, wie es sie nicht mehr viele gibt in einem (Bundes-)Land, das sich zwar vor Touristen kaum retten kann, aber in dem man in ländlichen Regionen das Wort Wirtshaus oft mit Sterben verbindet. Natürlich ist das in einer touristischen Hochburg wie Rottach-Egern anders als zum Beispiel im niederbayerischen Hirschling – aber dass hier an den Wochenenden Papa Stefan den Maitre gibt, seine Frau Brigitte im Service arbeitet und Julias Ehemann Ralf mit in der Küche steht, ist trotzdem nicht die Regel und gibt dem überstrapazierten Motto „Work Life Balance“ eine eigene Note.
Mit Personal- statt Hotelzimmern kommt man den neuen Anforderungen in der Gastronomie entgegen; dass das Mesner Gütl auch mit seiner Ausrichtung als „echtes“ Wirtshaus mit der entsprechenden Atmosphäre und realistischen Preisen praktisch fast als „Exot“ in der Gegend dasteht, hat sich blitzschnell rumgesprochen – praktisch vom ersten Tag an, wäre die Lokalität bestens besucht gewesen, freut sich Stefan Grosse, und besonders, dass auch Einheimische und nicht nur Zugezogene und Touristen zu den Gästen zählen.
Das hat seinen Grund und bei der spontanen Einladung zu einer kleinen Tour durch die Karte konnte man diesen auch schmecken. „Rudis“ Fischsuppe (9,90) war der gelungene Beweis dafür, dass man auch mit Süßwasserfischen wie Saibling, Zander und Waller mittels einer angenehm pikant abgeschmeckten Brühe, Safran und anderen Küchengeheimnissen ein konkurrenzfähiges heimisches Pendant zu Bouillabaisse & Co. zaubern kann. Bravo.
Die Portion „Gesottenes vom Ochs“, Beinfleisch, Tafelspitz und Brust, wurde für zwei in tiefen Tellern in der Brühe mit frischem Kren und dazu Kartoffel-Gurkensalat serviert – letzterer hätte vielleicht ein bisschen mehr von Brühe vertragen, ansonsten: klassisch und gut. Das gilt auch für die ordentliche Portion Schweinebraten mit zweierlei Knödeln und Krautsalat (16,90): Das Fleisch schön saftig, die Soße gehaltvoll und nicht künstlich „verdickt“, der Krautsalat bestens mariniert.
Fazit: Vom Service übers Interieur bis in die Küche merkt man, dass hier Profis am Werk sind, die Gastronomie leben und lieben. Bayerische Küche wie sie sein soll – und die man leider nicht mehr oft so bekommt, schon gar nicht in sogenannten Ausflugslokalen, obwohl diese Kategorie für das Mesner Gütl nur zum Teil stimmt. Denn dass auch die Einheimischen (samt Vereinen) und die Zugezogenen am Tegernsee gerne kommen, spricht für das „echte“ Wirtshaus, das hier als Bereicherung angenommen wurde.
Adresse, Öffnungszeiten, Stadtplan
- Name: Mesner Gütl
- Adresse: Seestraße 53, 83700 Rottach-Egern
- Öffnungszeiten: Mo, Mi-Fr: 11 bis 22 /Sa/So: 10.30 bis 22 Uhr/Küche bis 21 Uhr
- Webseite: www.mesnerguetl.de